Verlust der Kochkunst
Deutschland leidet. Unter Trump, unter Nullzinsen. Besonders viele Mitmenschen leiden unter dem Verlust der Kochlust. Auf dem Mittag- und Abendtisch erinnert nichts mehr an die traditionellen Kreationen schwäbischer Brat- und Backfantasien. Inzwischen warten dort Dosensuppen und Fertigsalate auf den eiligen Esser. Der moderne Mensch tafelt nicht, weil er googelt. Wer stundenlang durch die verlockenden Jagdgründe des Internets schweift, verlernt alle Kochkunst.
Das lässt sich bedauern, aber auch verteidigen: Endlich kehrt der Mensch zurück zur natürlichen Lebensform der Steinzeit. Damals streifte man als Jäger und Sammler durch Urstromtäler, heute wird das Internet zum neuen Jagdrevier. Und wie vor 100 000 Jahren genügt auch dem Menschen der Informationsgesellschaft der gelegentliche Biss in ein paar Beeren und Schoten als zeitsparende Stärkung für die nächste Online-Hatz. Und wenn sich der Rapid-Esser bei seiner Mahlzeit vom Smartphone auch noch Musik ins Ohr jagen lässt, ist die Ursache für seine hastige Nahrungsaufnahme geklärt. Das wusste schon Antonius Anthus, als er 1838 in seinen „Vorlesungen über Esskunst“schrieb: „Nun bringt aber muntere, schnell fortschreitende Musik in dem Hörer unwillkührliche entsprechende rasche Bewegungen hervor und könnten also selbst einen sonst taktfesten Esser aus der Mensur bringen und Anlaß zum zu schnell Essen geben.“