Die Folgen der Vogelgrippe
Wegen der Geflügelpest müssen Hühner in Deutschland Tag und Nacht eingesperrt werden. Landwirt Wolfgang Möhle aus Herkheim zeigt, was das für seine Tiere bedeutet
Am 18. November flatterte der Brief ins Haus. „Verordnung über besondere Schutzmaßregeln in Geflügelhaltungen“steht sperrig auf dem Papier, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft an Wolfgang Möhle aus Herkheim und etwa 1380 weitere Betriebe im Landkreis Donau-Ries versendet wurde.
Unverzüglich mussten die Landwirte reagieren und ihr Geflügel einsperren, weil der Virus H5N8, die Vogelgrippe, sich in Deutschland breit machte. Vor allem bei Wildvögeln wurde die Geflügelpest festgestellt. Nach und nach waren aber auch landwirtschaftliche Betriebe betroffen, deren Tiere gekeult wurden. Wer sich nicht an die Auflagen hält, muss mit harten Strafen rechnen. Verlangt wird unter anderem, die Zahl der gelegten Eier und die der verstorbenen Tiere genau zu dokumentieren.
Besonders von der Einsperrpflicht getroffen werden Landwirte, die ihre Tiere für gewöhnlich im Freien halten. Auf Möhles Bio-Hof leben rund 900 Hühner in mobilen Ställen, mit denen sie bei Bedarf auf eine andere Wiese umgesiedelt werden können. Ein Hektar Freifläche steht seinen Tieren sonst zur Verfü- gung, jetzt müssen sie in den deutlich kleiner Ställen wohnen. Um die Häuschen hat Möhle Bauten im Stile eines Wintergartens errichtet, der seinen Tieren mehr Auslauf gewährt. Trotzdem könne die Situation nicht ewig so bleiben. Die Tiere seien es im Winter zwar gewohnt, nicht immer ins Freie zu dürfen – etwa wenn es besonders nass und kalt ist – um das Infektionsrisiko der Tiere gering zu halten. Dass die Situation schon so lange andauere und vom einen Moment auf den anderen kam, sei für die Hühner allerdings eine große Belastung. „Solange die Tage noch düster und kühl waren, kamen die Tiere besser damit klar“, erklärt der Landwirt. Seit es wärmer und auch sonnig sei, wären die Hühner aber deutlich aktiver und wür- den ins Freie drängen. Deshalb mache sich Nervosität in den Ställen breit. Die Tiere bei Laune zu halten, sei dabei nicht einfach. „Die Hühner brauchen viel Abwechslung. Sie wollen immer irgendwo Picken und Scharren“, sagt Möhle. Also müsse er sich eben was einfallen lassen. Jeden Tag gibt es etwas für seine Tiere etwas anderes zu Essen. Neben Körnern zum Picken stehen gekochte Kartoffeln und Möhren auf der Speisekarte. Auch Äpfel, Rote Beete und Maiskolben – natürlich alles in Bio-Qualität – bekommen die Hühner vorgesetzt. Um die Tiere zu Beschäftigen, haben Möhle und seine Frau Heuballen aufgestellt und Schnüre angebracht, die die Hühner zupfen können. „Da muss man schon kreativ sein“, sagt Möhle. Denn tue man das nicht, könne das schlimme Folgen für die Tiere haben. Die Hühner würden dann zu Fehlverhalten neigen, sich gegenseitig die Federn auspicken. Wenn die Tiere unter Stress stünden, leide auch die Qualität der Eier darunter. Die Schale werde dünner, die Eier kleiner. In manchen Fällen würden die Tiere das Legen sogar komplett einstellen. Im Endeffekt könnte die Stimmung in der Gruppe komplett kippen, erzählt der Landwirt. Schwache Hühner würden dann besonders leiden, es könnte sogar dazu kommen, dass diese Tiere von den stärkeren umgebracht werden.
Bisher kann der Herkheimer bei seinen Tieren kaum negativen Auswirkungen feststellen. Die Zahl der gelegten Eier sei zwar etwas zurück gegangen, aber das sei im Winter nicht ungewöhnlich. Die Eier von seinem Hof darf er weiter als BioProdukte vertreiben, weil er alle Auflagen erfüllt – die Tiere müssen unter anderem ein Drittel ihrer Lebenszeit Zugang zum Freiland haben. Manche Betriebe können das nicht und müssen ihre Freilandeier als „aus Bodenhaltung“deklarieren. „Das wäre für uns fatal. Dann könnten wir nicht mehr kostendeckend arbeiten“, meint Wöhle. Trotzdem hofft er, dass seine Hühner bald wieder nach draußen dürfen. Seine Tiere werden sich gewiss freuen.