Der Eisbergsalat als Luxusgut
Ernteausfälle in Südspanien wirken sich auf Gemüsepreise in ganz Europa aus. Das merkt nicht nur der Kunde im Supermarkt, auch Restaurants kommen in die Bredouille
Die Salat-Bar „Dean & David“am Augsburger Rathausplatz hat schon reagiert. Seit dieser Woche gilt eine Menükarte mit neuen Preisen. Das schmeckt nicht jedem, doch überraschend kommt es nicht.
Seit Weihnachten haben sich die Preise für frisches Gemüse vervielfacht. In den Gemüseanbauregionen in Südspanien, die im Winter fast ganz Europa mit frischer Ware beliefern, sind ganze Ernten ausgefallen. Viel Regen, viel Schnee und vor allem Frost haben Tomaten, Eisbergsalaten und empfindlichen Zucchinis zugesetzt.
Was folgt, ist das uralte Prinzip der freien Marktwirtschaft: Ist das Angebot rar und die Nachfrage hoch, steigt der Preis. Für die Salat-Bar „Dean & David“in Augsburg, die zu einer deutschlandweiten Kette gehört, waren die erhöhten Preise auf dem Großmarkt einer der Gründe für die neue Karte. Zusätzlich seien aber auch weitere Angebote aufgenommen worden, erläutert eine Mitarbeiterin.
Auch für Marcus Zeren, einen von zwei Geschäftsführern des Lokals „Annapam“in der Augsburger Bäckergasse, sind die aktuellen Gemüsepreise eine große Belastung. „Eigentlich müsste ich für einen Sa- lat statt neun Euro 18 Euro verlangen“, sagt er. Zeren weiß aber auch, dass kaum ein Kunde den Preis zahlen würde. „Bis Ende Februar versuchen wir, die alten Preise zu halten. Aber es fällt uns schwer und wir verdienen wenig daran.“Vor etwa eineinhalb Monaten habe er eine Kiste Salat für elf Euro bekommen. Nach den Missernten in Spanien koste die Kiste jetzt über 22 Euro. „Faktisch sind die Preise um 100 Prozent nach oben gegangen“, sagt er, nicht nur beim Eisbergsalat.
Auch Michaela Enzersberger, die in Neuburg an der Donau das Café Zeitlos führt, muss die Preise erhöhen, wenn Gemüse so teuer bleibt. „Wir schauen, wie es sich entwickelt“, sagt sie. Das Problem seien die gedruckten Karten. Für kleinere Gastronomiebetriebe sei es ein enormer Aufwand, die Karten zu ändern. Das bestätigt auch Annapam-Betreiber Zeren.
Gabriele Held ist Marktexpertin für Obst und Gemüse. Für die Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) analysiert sie jeden Tag die Entwicklungen auf den Großmärkten. Sie mache den Job jetzt schon seit zehn Jahren, sagt sie. Dass einzelne Produkte wie Salatgurken im Winter teurer werden, komme immer wieder vor. „Aber dass es durch die ganze Palette geht, habe ich noch nie beobachtet“, sagt die Expertin. Normalerweise würden sich die Bauern auf das Wetter einstellen und Pflanzen mit Vliesen oder Planen schützen, wenn der Frost kommt. In diesem Jahr seien sie machtlos gewesen, erläutert Held. Die Expertin hat aber auch eine gute Nachricht für alle Verbraucher: „Die Preis-Spitzen sind gebrochen.“Fenchel, Brokkoli und Eisbergsalate werden langsam wieder erschwinglicher. Das liege nicht daran, dass frischer Nachschub aus Spanien kommt, sondern auch hier gelte das Prinzip von Angebot und Nachfrage – nur wenige Kunden sind eben bereit, für einen Salatkopf beispielsweise 2,50 Euro zu bezahlen. Verbraucher weichen aus: Auf Chinakohl zum Beispiel. Held erzählt von einem deutschen Bauern, der noch nie so schnell alle seine Chinakohl-Vorräte verkauft hat, wie in diesem Jahr. Den Landwirt freut es, den Kunden auch. Denn mit einem Chinakohl, der ein Kilo wiegt und etwa 1,20 Euro kostet, kann ein Kunde mehr anfangen als mit einem kleinen Kopfsalat für 2,50 Euro.
Bleiben die Supermärkte also auf der aus Spanien importierten Ware sitzen, müssen sie die Preise wieder senken. Und dann kommen am Ende des Monats auch noch die ersten Gurken aus deutschen Gewächshäusern auf den Markt. Die Preise werden sich also wieder normalisieren, glauben Experten.
Marlies Bainger, die in Illertissen das Café Schneewittchen betreibt, glaubt, die höheren Einkaufspreise erst einmal abfangen zu können. „Es kommt auf die Kalkulation an, aber oft ist die Gewinnspanne bei Salaten relativ hoch“, sagt sie.
Annapam-Betreiber Zeren jedenfalls hat beobachtet, dass die Preise vor ein bis zwei Wochen höher waren, als es jetzt der Fall ist. Es scheint fast, als sei der Gipfel der Eisbergsalat-Krise überwunden.