(Kein) Mitleid mit Yücel
Vergangene Woche schrieb ich über steile Thesen und über Deniz Yücel, den wegen angeblicher Terrorpropaganda in der Türkei inhaftierten deutschtürkischen Der erfuhr eine Welle der Solidarität von Journalisten, deutschen Politikern oder Bürgern, die sich mit Autokorsos für seine Freilassung einsetzten (unser Foto). Doch im „Fall Yücel“sind auch steile Thesen zu lesen – und Hasskommentare.
Beginnen wir mit den steilen Thesen und Christian Füller, Chefredakteur der linksliberalen Wochenzeitung Er kritisierte eine, vermeintliche, „grassierende Doppelmoral“: In der Türkei hätten nach dem Putsch tausende Journalisten ihren Job verloren, erst mit der Festnahme Yücels aber scheine „das türkische Desaster nun voll ins deutsche Bewusstsein durchzuschlagen“. Nun gut. Weiter aber: Mit jedem Text über seinen Fall werde „der ausgesprochen robuste Deniz immer netter, liebenswerter und Pulitzerpreis-verdächtiger“. Füllers Fazit: „Vielleicht sollten wir Deniz einfach tiefer hängen.“Man kann ihm nur wünschen, nie in einem türkischen Gefängnis sitzen zu müssen. Was grassiert und sich verstärkt, ist der Hass in sozialen Netzwerken auf Yücel. Auf Facebook kursieren Bild-Text-Collagen, von denen eine der „freundlichsten“noch die ist, in der man ihm einen „charmanten Urlaub im sonnigen Süden“wünscht. In Kommentaren, wie dem von Pegida-Gründer Lutz Bachmann, wird er „widerlicher, deutschlandhassender Schmierfink“genannt. Yücels Hinrichtung wäre für Bachmann „mal wieder ein guter Grund“, in die Türkei zu fahren.
Yücel ist in rechtspopulistischen bis -extremen Kreisen eine Hassfigur. Vor allem wegen seiner
vor allem der mit dem Titel „Super, Deutschland schafft sich ab!“vom August 2011 zum Geburtenschwund – ein als beißende Satire verfasstes Plädoyer für ein liberales Deutschland, das an Kurt Tucholsky (1890–1935) erinnert.
Yücel erhielt damals, nur Wochen später, den Kurt-TucholskyPreis für literarische Publizistik für eine andere Kolumne, weil er, so die Jury, „den deutschen Spießer ... auf angenehme Art entlarvt“. Dabei übersteigere er bewusst das nationalistische Element. In seiner Dankrede sagte er über die Funktion der Satire: „Lacht kaputt, was euch kaputt macht.“Im „Fall Yücel“gibt es leider nichts zu lachen.