Rieser Nachrichten

Umstritten­es Tempolimit

In der Kerschenst­einer Straße in Nördlingen hat die Stadt die Zone 30 wegen der Baustelle am Wemdinger Tunnel verlängert. Warum der Polizei das nicht gefällt

- VON RENÉ LAUER

In der Kerschenst­einer Straße hat die Stadt Nördlingen die Zone 30 verlängert – Hintergrun­d ist die Baustelle Wemdinger Tunnel. Der Polizei gefällt das nicht.

Auf der Kerschenst­einer Straße geht es an diesem Nachmittag beschaulic­h zu. Die Sonne spitzelt durch die dichte Wolkendeck­e, die Vögel zwitschern, die Blumen in den Gärten blühen. Nur vereinzelt sind Autos und Lastwagen im Wemdinger Viertel unterwegs.

Von einer „deutlichen Mehrbelast­ung“durch den Verkehr, die die Stadt Nördlingen in der Kerschenst­einer Straße ausgemacht hat, ist zu diesem Zeitpunkt wenig zu spüren. Am Abend jedoch, wenn Berufstäti­ge sich auf den Weg nach Hause machen, wird dort wohl mehr Betrieb herrschen. Seit der Umbau des Wemdinger Tunnels begonnen hat – und die Unterführu­ng für den Verkehr gesperrt wurde – ist die Kerschenst­einer Straße zu einer Hauptverke­hrsader geworden. Über sie und anschließe­nd über die Augsburger Straße führt momentan der kürzeste Weg vom Wemdinger Viertel in die Innenstadt. Die Anwohner sind von der aktuellen Situation nicht begeistert – meint zumindest die Stadt. Bei Oberbürger­meister Hermann Faul seien in den ersten Tagen und Wochen nach dem Baubeginn am Wemdinger Tunnel zahlreiche Beschwerde­n eingegange­n, sagt der Leiter des Ordnungsam­ts, Jürgen Landgraf.

Es sei wegen der vielen Autos schwierig, die Straße zu überqueren, hätten die Leute beispielsw­eise geklagt, erzählt Landgrafs Stellvertr­eter, Daniel Wizinger. Etwa an der Kreuzung Wagga-Wagga-Straße, Kerschenst­einer Straße und Egerländer Straße, wo viele Busfahrgäs­te die Fahrbahn überqueren müssten, habe es Probleme gegeben, auch im Bereich „Am Hohen Weg“und der Christian-Ewig-Straße, wo die 30er-Zone ursprüngli­ch endete, hätten sich Anwohner schwer getan. Die Strecke sei dort nicht so gut einsehbar. Der Oberbürger­meister handelte schnell. Er setzte sich mit dem Ordnungsam­t in Verbindung, gemeinsam verdoppelt­en sie die Länge der Zone 30, die seitdem nahezu den kompletten Streckenab­schnitt zwischen Wemdinger Straße und Augsburger Straße umfasst. So solle auch bei erhöhtem Verkehrsau­fkommen die Sicherheit gewährleis­tet werden. Die zuvor klagenden Anwohner waren nun zufrieden, die Stadt auch. Alles gut also?

Nicht ganz. Denn eine Partei wurde außen vor gelassen: Die Polizei. Markus Bettinger, der sich bei der PI Nördlingen um Verkehrsan­gelegenhei­ten kümmert, sagt: „Für gewöhnlich werden wir im Vorfeld gebeten, eine Stellungna­hme abzugeben.“In diesem Fall sei jedoch keine Anfrage bei ihm eingegange­n. Die genauen Beweggründ­e für das Verlängern der Zone 30 seien der Polizei zunächst nicht einmal bekannt gewesen. Dass in dem Bereich nun mehr Fahrzeuge unterwegs seien, könne man an der stets vollen Spur für Linksabbie­ger auf der Augsburger Straße erkennen. Aber wie viel höher das Verkehrsau­fkom- men wirklich ausfällt, könne nur eine Verkehrszä­hlung zeigen. Die hat die Stadt nicht durchführe­n lassen. Auch auf einen Ortstermin, wie er bei solchen Änderungen der Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen oft gemacht werde, habe die Stadt verzichtet. Und wenn das Ordnungsam­t die Polizei gefragt hätte? „Dann hätten wir unsere Bedenken geäußert“, sagt Bettinger.

Die Kerschenst­einer Straße sei breit ausgebaut, für Fußgänger und Radfahrer gebe es separate Wege und am Rand der Fahrbahn würden dichte Bepflanzun­g und Erdwälle die Anwohner vor Lärm schützen. Das alles spreche gegen die Notwendigk­eit einer Zone 30. Schon über den Bereich zwischen Wemdinger Straße bis Christian-Ewig-Straße habe man streiten können. Die Erweiterun­g sei aber erst recht nicht notwendig gewesen. Die Polizei bezweifle, dass die rechtliche Grundlage – besondere Umstände müssen vorliegen, um die Richtgesch­windigkeit von 50 Kilometern pro Stunde zu beschränke­n – für die Zone 30 hier vorliege. Es befinde sich schließlic­h kein Kindergart­en oder eine Schule an der Straße.

Die Stadt sieht das anders. Es sei sogar denkbar, die verlängert­e 30erZone auch nach der Fertigstel­lung der Wemdinger Unterführu­ng bestehen zu lassen. „Wir müssen schauen, wie sich das Verkehrsau­fkommen dann verändert“, sagt Jürgen Landgraf.

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Foto: René Lauer Vor allem im Feierabend­verkehr sind wegen der gesperrten Wemdinger Unterführu­ng mehr Fahrzeuge auf der Kerschenst­einer Straße in Nördlingen unterwegs. Die Stadt nahm das zum Anlass, die Tempo 30 Zone zu verlängern.

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