Wer anruft, soll bezahlen
Im Briefkasten der Stollers in Wallerstein landet eine fliederfarbene Karte. Was hinter der vermeintlichen Gewinnchance steckt
Es ist zu schön, um wahr zu sein: Da flattert einem plötzlich eine fliederfarbene Karte ins Haus, auf der steht, dass man unter Umständen in den nächsten zehn Jahren jeden Monat 1000 Euro bekommt. Nur diese eine Telefonnummer anrufen, nur die „persönliche Referenz-Nummer“angeben. Wer jetzt die vielen Euroscheine in Gedanken schon ausgibt, der kann damit gleich wieder aufhören. „Geld bekommt man da nie“, sagt Hauptkommissar Werner Kieweg von der Nördlinger Polizei.
Das hat Raimund Stoller aus Wallerstein schon vermutet. Die fliederfarbene Karte bekam in diesen Tagen sein Sohn Paul zugeschickt. Neben der Telefonnummer sind auch Vermerke wie „Wichtiges Dokument“oder „Achtung vertraulich! Zustellung nur an den Empfänger“auf ihr aufgedruckt. Und es findet sich auch ein vermeintlicher Stempel der „PSN/Prüfstelle Nord“. Diesen Suchbegriff gab Stoller bei der Internetsuchmaschine Google ein. Einer der ersten Treffer: Ein Bericht der über eine Rentnerin, die genau das getan hat, was auf der Karte steht: Sie hat die Nummer gewählt. Ge- wonnen hat sie so nichts – im Gegenteil: Sie sollte erst einmal ein Los erwerben. Ganz klein gedruckt kündigt das die Hamburger Firma auf der fliederfarbenen Karte auch an: „Im Anschluss an die Registrierung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informationen zu attraktiven entgeltlichen Offerten der GKL.“
Die Masche solcher Unternehmen erklärt Hauptkommissar Kieweg so: „Einen Gewinn bekommt man nie, niemand hat etwas zu ver- schenken.“Vielmehr gehe es den Firmen darum, Geld vom Anrufer zu bekommen. So lande man statt bei einem seriösen Unternehmen in Deutschland auch mal bei einem Call Center, das seinen Sitz in der Türkei hat. Und der Gesprächspartner am Telefon will die eigene Kontoverbindung nicht, weil er Geld geben, sondern weil er welches haben möchte. Zum Beispiel in Form einer Überweisung auf ein ausländisches Konto der Western Union. Kieweg warnt: Wer überweist, der sei sein Geld los. Ebenfalls eine Masche sei es, dass man zunächst Amazon-Gutscheine kaufen und deren Codes dann übermitteln müsse. Auch damit würden die Unternehmen an Geld kommen.
Das Hamburger Unternehmen, von dem die Karte der Stollers kommt, kennt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale des Bundeslandes nicht. Doch wegen solcher Schreiben werden sie und ihre Kollegen des Öfteren angerufen, sagt die Juristin. Sie rät allen Empfängern der fliederfarbenen Karte: „Nicht anrufen, es bringt nichts, man ärgert sich nur. Außer natürlich, man will wirklich etwas kaufen.“Woher das Unternehmen aus dem Norden an eine Adresse aus dem Ries kommt? Rehberg sagt, der Adresshandel sei legal. An die Daten der Empfänger kommen Unternehmen beispielsweise durch ganz normale Gewinnspiele, bei denen man seine Adresse angibt. Und die werde dann ganz einfach verkauft.
Die hakten gestern beim Absender der Karte, die an Familie Stoller ging, nach. Ein Statement bekam unsere Zeitung vom Unternehmen mit Sitz in Hamburg bis Redaktionsschluss allerdings nicht.