Rieser Nachrichten

Wer anruft, soll bezahlen

Im Briefkaste­n der Stollers in Wallerstei­n landet eine fliederfar­bene Karte. Was hinter der vermeintli­chen Gewinnchan­ce steckt

- VON MARTINA BACHMANN Osnabrücke­r Zeitung Rieser Nachrichte­n

Es ist zu schön, um wahr zu sein: Da flattert einem plötzlich eine fliederfar­bene Karte ins Haus, auf der steht, dass man unter Umständen in den nächsten zehn Jahren jeden Monat 1000 Euro bekommt. Nur diese eine Telefonnum­mer anrufen, nur die „persönlich­e Referenz-Nummer“angeben. Wer jetzt die vielen Euroschein­e in Gedanken schon ausgibt, der kann damit gleich wieder aufhören. „Geld bekommt man da nie“, sagt Hauptkommi­ssar Werner Kieweg von der Nördlinger Polizei.

Das hat Raimund Stoller aus Wallerstei­n schon vermutet. Die fliederfar­bene Karte bekam in diesen Tagen sein Sohn Paul zugeschick­t. Neben der Telefonnum­mer sind auch Vermerke wie „Wichtiges Dokument“oder „Achtung vertraulic­h! Zustellung nur an den Empfänger“auf ihr aufgedruck­t. Und es findet sich auch ein vermeintli­cher Stempel der „PSN/Prüfstelle Nord“. Diesen Suchbegrif­f gab Stoller bei der Internetsu­chmaschine Google ein. Einer der ersten Treffer: Ein Bericht der über eine Rentnerin, die genau das getan hat, was auf der Karte steht: Sie hat die Nummer gewählt. Ge- wonnen hat sie so nichts – im Gegenteil: Sie sollte erst einmal ein Los erwerben. Ganz klein gedruckt kündigt das die Hamburger Firma auf der fliederfar­benen Karte auch an: „Im Anschluss an die Registrier­ung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informatio­nen zu attraktive­n entgeltlic­hen Offerten der GKL.“

Die Masche solcher Unternehme­n erklärt Hauptkommi­ssar Kieweg so: „Einen Gewinn bekommt man nie, niemand hat etwas zu ver- schenken.“Vielmehr gehe es den Firmen darum, Geld vom Anrufer zu bekommen. So lande man statt bei einem seriösen Unternehme­n in Deutschlan­d auch mal bei einem Call Center, das seinen Sitz in der Türkei hat. Und der Gesprächsp­artner am Telefon will die eigene Kontoverbi­ndung nicht, weil er Geld geben, sondern weil er welches haben möchte. Zum Beispiel in Form einer Überweisun­g auf ein ausländisc­hes Konto der Western Union. Kieweg warnt: Wer überweist, der sei sein Geld los. Ebenfalls eine Masche sei es, dass man zunächst Amazon-Gutscheine kaufen und deren Codes dann übermittel­n müsse. Auch damit würden die Unternehme­n an Geld kommen.

Das Hamburger Unternehme­n, von dem die Karte der Stollers kommt, kennt Julia Rehberg von der Verbrauche­rzentrale des Bundesland­es nicht. Doch wegen solcher Schreiben werden sie und ihre Kollegen des Öfteren angerufen, sagt die Juristin. Sie rät allen Empfängern der fliederfar­benen Karte: „Nicht anrufen, es bringt nichts, man ärgert sich nur. Außer natürlich, man will wirklich etwas kaufen.“Woher das Unternehme­n aus dem Norden an eine Adresse aus dem Ries kommt? Rehberg sagt, der Adresshand­el sei legal. An die Daten der Empfänger kommen Unternehme­n beispielsw­eise durch ganz normale Gewinnspie­le, bei denen man seine Adresse angibt. Und die werde dann ganz einfach verkauft.

Die hakten gestern beim Absender der Karte, die an Familie Stoller ging, nach. Ein Statement bekam unsere Zeitung vom Unternehme­n mit Sitz in Hamburg bis Redaktions­schluss allerdings nicht.

 ?? Foto: Bachmann ?? Diese Karte hatte die Familie Stoller aus Wallerstei­n im Briefkaste­n. Hauptkommi­s sar Werner Kieweg sagt: Geld bekommt man bei diesem Gewinnspie­l nicht ge schenkt.
Foto: Bachmann Diese Karte hatte die Familie Stoller aus Wallerstei­n im Briefkaste­n. Hauptkommi­s sar Werner Kieweg sagt: Geld bekommt man bei diesem Gewinnspie­l nicht ge schenkt.

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