Geldhaus im Aufschwung
Die Nördlinger Commerzbank profitiert von unzufriedenen Kunden der Konkurrenz. Mit welcher Strategie sie noch weiter wachsen will
Niedrige bis keine Zinsen, immer neue Gebühren für Kontoführung, Geldabheben und andere Leistungen. Der Finanzmarkt ist für sich ohnehin ein komplexes Konstrukt. Die neuerlichen Entwicklungen tragen jedoch dazu bei, dass Bankgeschäfte für viele Menschen immer noch schwieriger werden.
Während die etablierten Banken und Sparkassen, die verstärkt die ländlichen Regionen bedienen, mit der Zinssituation hadern, ihre Strukturen überdenken müssen und nach neuen Einnahmequellen suchen, blicken andere voller Zufriedenheit auf das vergangene Geschäftsjahr. So wie Wolfgang Hahn, der Filialdirektor der Nördlinger Commerzbank. Mehr als 220 neue Privatkunden habe man im vergangenen Jahr gewinnen können, die hohe Nachfrage bestünde nach wie vor, sagt Hahn. Er macht keinen Hehl daraus, dass die Commerzbank einen Nutzen daraus zieht, dass die wichtigsten Wettbewerber die Gebührenschraube anziehen müssen, um die große Zahl an Filialen und Geschäftsstellen weiter profitabel betreiben zu können.
Seit auf die Kunden immer mehr Kosten zukommen würden, seien diese auch verstärkt auf der Suche nach Alternativen. „Wir halten am kostenlosen Girokonto fest“, sagt Hahn. Auch Gebühren fürs Geldabheben könne er kategorisch ausschließen. Mit speziellen Wechselservices und anderen Anreizen wirbt seine Bank aktiv um Kunden der Konkurrenz.
Seit vergangenem Jahr hat sich die Struktur der Commerzbank in der Region geändert. Gehörten die Filialen in Nördlingen und Donauwörth bis vor Kurzem noch zusammen, wurde die Zugehörigkeit neu geordnet. Die Nördlinger Bank mit der SB-Stelle in Oettingen gehört nun zur Niederlassung in Heilbronn. Für die Kunden würden da- durch jedoch keine Nachteile entstehen, meint Hahn. Es würden auch keine Filialen wegfallen. Gehe das Wachstum so weiter, sei es sogar denkbar, weitere Filialen zu eröffnen. Vielleicht nicht im Ries, aber die angrenzenden Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, die seien interessant.
Einen direkten Vergleich zum Vorjahr zu ziehen, fällt wegen der Neugliederung der Nördlinger Direktion schwer.
Das verwaltete Vermögen der Privatkunden wird zum Ende des Jahres 2016 auf 72 Millionen Euro beziffert. Einen Indikator für das erfolgreiche Wachstum seiner Filiale sieht Hahn neben der auf 5260 gestiegenen Zahl an Privatkunden (zum Vergleich: die Raiffeisen-Volksbank Ries hat rund 38500) bei der Summe der für private Bauvorhaben vergebenen Kredite. Die fällt mit 15 Millionen Euro etwa doppelt so hoch aus wie im Vorjahr. „Nördlingen gehört zu den fünf Prozent der erfolgreichsten Commerzbank-Filialen in Deutschland“, sagt Hahn. Das liege auch am wirtschaftlich starken Ries.
Dass die Commerzbank die Niedrigzinslage vergleichsweise entspannt sehen kann, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen muss sich das Geldhaus nicht nebenbei mit vielen kleineren Filialen befassen, die wegen der verstärkt online stattfindenden Kundenbetreuung immer weniger genutzt werden. Andererseits hat die Commerzbank ihren Fokus schon länger auf Wertpapiergeschäfte gelegt. Wenn es nach Wolfgang Hahn geht, in der jetzigen Zeit die einzig lukrative Möglichkeit, sein Geld anzulegen. „Vermögensmehrung geht momentan nicht ohne Aktien.“Daran würde sich so schnell nichts ändern.