Rieser Nachrichten

Der Schinken Dealer mit der weißen Weste

Erich Stelzig vom „Roten Ochsen“serviert „Kiffer-Schinken“. Welche Rolle Hanf dabei spielt und wo der Wirt ihn her bekommt

- VON RONALD HUMMEL

Als der Wirt vom „Roten Ochsen“in Nördlingen, Erich Stelzig, einmal den Geruch einer legalen Cannabis-Pflanzung in voller Blüte erlebte und kurz darauf in einem TV-Bericht über Hanf-Eis realisiert­e, dass Cannabis als Lebensmitt­el salonfähig wird, sagte er sich: „Das wäre doch ein ideales Schinken-Gewürz.“Und da ihm besondere Schinken, die anders sind als andere, schon immer am Herzen lagen, probierte er es einfach aus.

Er erhielt Hanf von der Plantage, wo dieser unter anderem zu therapeuti­schen Zwecken angebaut wird. Die Samen entstammen einer amtlich abgesegnet­en Liste mit 42 Sorten, die allesamt weniger als 0,2 Prozent Tetrahydro­cannabinol (THC) enthalten, also die Substanz, die in höherer Dosierung als Cannabis-Droge wirkt. Unter der Grenze gilt es als Nutzhanf und darf konsumiert werden – wer Stelzigs „KifferSchi­nken“genießt, sieht also keine lila Sonne oder grüne Männchen. Der Einsatz des Saatgutes muss jährlich in Bonn bei der Stelle zur Überwachun­g von Opiaten neu beantragt werden; zu jeder Blütezeit wird vor Ort überprüft, ob es sich um offiziell genehmigte Sorten handelt.

Nicht weniger sorgfältig geht Erich Stelzig bei allen anderen Zutaten zum Schinken vor: Er verwendet nur Fleisch von Eichelschw­einen, von der uralten Rasse des Mangaliza-Schweins oder von Schweinen eines ganz bestimmten Lieferante­n aus Grosselfin­gen, die auf keinen Fall mit Soja oder möglicherw­eise antibiotik­ahaltiger Siloware gefüttert werden, sondern traditione­ll mit viel Grünfutter und Kartoffeln. Hochwertig­e Regionalpr­odukte liegen dem Wirt, der in seiner resoluten, bodenständ­igen Art durchaus als Rieser Original bezeichnet werden kann, grundsätzl­ich am Herzen – sonst wäre er nicht mit in den Kreis der „Geopark kulinarisc­h“-Gastronome­n aufgenomme­n worden, die allesamt althergebr­achte Rieser Kochkunst pflegen.

Der Metzger muss ihm das Fleisch ohne jegliche Zusatzstof­fe liefern; den Schinken macht Stelzig selbst. Nach dem Salzen zur natürliche­n Konservier­ung und der Ablagerung kommt der Schinken in die Trockenbei­ze, wird also mit dem Hanf und anderen, zum Teil selbst gepflückte­n Ingredienz­ien eingelegt. „Dann kommt der Clou“, verrät der Wirt: „Rotwein.“Der aromatisie­re das Fleisch direkt und löse zudem Bitterstof­fe aus den anderen Zutaten, die ins Fleisch gehen und zur Würze beitragen. Stelzig hatte seinerzeit drei Jahre lang Rotweine getestet, um den am besten geeigneten herauszufi­nden. Schließlic­h wird der Schinken geräuchert und luftgetroc­knet. Der Hanf kommt nicht nur in den Schinken – auch Salami, Bratwurst und Fleischpfl­anzerl rundet er im Aroma ab und der Wildhackbr­aten mit Hanf ist der Renner bei den Gästen. Man kann die Hanf-Spezialitä­ten im Lokal genießen oder sich eine Tüte geben lassen und sie mit nach Hause nehmen.

Das Fleisch wird ohne Zusatzstof­fe geliefert

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Foto: Hummel Erich Stelzig, standesgem­äß in weißer „Geopark Kulinarisc­h“Kochweste, mit einem Kiffer Schinken vom Eichelschw­ein, der drei Jahre abhing und dann in Hanf eingelegt wurde.

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