So viele Eissorten hat sonst niemand
In diesem Laden mitten in Venezuela gibt es 870 Geschmacksrichtungen. Das „Coromoto“steht damit im Guinnessbuch der Rekorde. Nun erlebt es aber schwere Zeiten
Wenn ihr wissen wollt, wie Eissorten schmecken, die „Kalte Ente“, „Hot Dog“, „Saugflasche“oder „Rosa Panther“heißen, dann müsst ihr einen Flieger nehmen und gaaanz weit wegfliegen. Die Eisdiele, die solche ausgefallenen Geschmäcker anbietet, liegt nämlich im südamerikanischen Land Venezuela. Genauer: in der Stadt Mérida. Sie ist die mit der größten Eisauswahl der Welt.
Eisverkäufer Manuel da Silva Oliveira, genannt Manolo, hat 870 Eissorten im Angebot – so viele wie niemand sonst auf der Welt. Wie viel das ist, zeigt diese Rechnung. Würdest du jeden Tag zu Manolos Geschäft „Heladería Coromoto“gehen und zwei Kugeln Eis kaufen, dann bräuchtest du etwa zwei Jahre und viereinhalb Monate, um jeden Geschmack einmal getestet zu haben. Mehr als die Hälfte deiner Grundschulzeit wäre dann vorbei.
Angefangen hat der gelernte Koch Manolo ganz klein. Als er seinen Laden 1981 aufmachte, hatte er nur vier Sorten zur Auswahl: Vanille, Erdbeere, Schokolade und Kokosnuss. Doch Manolo, der aus Portugal kommt und erst als Erwachsener nach Venezuela ausgewandert ist, experimentiert gern. Für ein deutsches Fernsehteam hat er mal ein Eis mit hessischem Wein Zutat Auch Wünsche anderer als gemacht. Kunden setzt der mittlerweile 86 Jahre alte Mann gerne um. So sind immer mehr Eissorten dazugekommen. Bereits 1996, also vor 21 Jahren, hat es Manolo in das Guinnessbuch der Rekorde geschafft. Mit damals 593 Eissorten.
Wenn das Wetter in Mérida schön ist, kommen täglich bis zu 1000 Besucher vorbei. Umgerechnet 70 Cent kosten zwei große Kugeln. Alle 870 Sorten gibt es aber nicht jeden Tag. Es sind immer nur 50 in der Auslage. Aber die wechseln täglich.
Manolo ist erfolgreich. Ihm sollte es eigentlich gut gehen. Doch zurzeit hat sein Land große Probleme. Viele Menschen sind mit der jetzigen Regierung unzufrieden und gehen auf die Straße. Viele Menschen haben kein Geld und es gibt nur wenig Waren zu kaufen. Vor zwei Jahren bekam das auch Manolo zu spüren. Für mehrere Tage bekam er keine Milch mehr geliefert. Ohne Milch aber kann er kein Eis machen. Deshalb musste er seinen Laden für kurze Zeit schließen. Der Unmut bei den Bürgern war groß.
Daraus hat die Regierung offenbar gelernt. Venezuela geht es zurzeit zwar wieder sehr schlecht. Benzin und Papier sind Mangelware. Dennoch bekommt Manolo genügend Milch für sein Eis. Anscheinend will die Regierung ihren besten Eismann nicht verlieren.