Doku mit Diskussionsbedarf
Tipp des Tages Die ARD zeigt einen umstrittenen Film über Antisemitismus doch. Ursprünglich sollte er nicht ausgestrahlt werden
Das Erste, 22.15 Uhr Manchmal geben Filme Anlass zur Diskussion, obwohl sie ein Großteil des Publikums noch gar nicht kennt. So auch die 90-Minuten-Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“. Die Auftraggeber, Arte und WDR, entschieden sich eigentlich gegen eine Ausstrahlung. Die Autoren Sophie Hafner und Joachim Schroeder hätten zu viel im Nahen Osten statt in Europa gedreht und zu viele Behauptungen ohne Beleg stehenlassen – das waren die Kernvorwürfe.
Doch dann kam bild.de und zeigte den Film für einen Tag. Mittlerweile ist er auch bei Youtube zu sehen. Am Freitag gab die Programmdirektion des Ersten dann bekannt, die Doku am heutigen Mittwoch um 22.15 Uhr „trotz ihrer handwerklichen Mängel“, so ARD-Programmdirektor Volker Herres, auszustrahlen. Direkt im Anschluss folgt eine „Maischberger“-Diskussionsrunde zum Thema. Zu Gast sind der Historiker Michael Wolffsohn, CDUPolitiker Norbert Blüm, der Psychologe Ahmad Mansour, die Journalistin Gemma Pörzgen, Rolf Verleger – früher Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland – sowie WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn.
Am Dienstag gab auch Arte seine ablehnende Haltung auf und teilte mit, den Film zeitversetzt am Mittwoch um 23 Uhr zu zeigen. Denn sonst würden die französischen Zuschauer ja in die Röhre gucken. Auch die „Maischberger“-Diskussion werde bei Arte zu sehen sein.
Die Dokumentation beginnt provokant: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas behauptet vor dem Europäischen Parlament, dass einige Rabbiner die israelische Regierung aufgefordert hätten, das Wasser der Palästinenser zu vergiften. Eine „Ritualmordlegende“, heißt es aus dem Off, die sich über Jahrhunderte seit dem Mittelalter halte: die Juden als Brunnenvergifter. Gleich danach präsentieren die Filmemacher Aufnahmen des Nazi-Propagandisten Julius Streicher, der immer wieder gegen die Juden hetzte.
Die Autoren zeigen in ihrem Film zudem Szenen von einer Demo in Berlin oder Bilder von der jüdischen Gemeinschaft in der Pariser Vorstadt Sarcelles. Dabei schneiden sie ganz unterschiedliche Themen an: Was passiert mit internationalen Hilfsgeldern in Gaza? Gehen sie an die judenfeindliche und antizionistische Hamas? Wie sehr ist der Nahostkonflikt bereits in Frankreich angekommen, und werden Juden dort bedroht und damit zum Auswandern bewegt?