Gestohlene Identität
Nicholas Searles hinterhältiges Debüt
Es fängt alles ganz banal an: Ein alter Typ und eine ebenso alte Dame kommen über eine Dating-Plattform zusammen. Roy, zauseliger Misanthrop, lässt von Anfang an nichts Gutes ahnen. Da kann einem die nette, scheinbar ahnungslose Betty schon leid tun. Doch dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, und Nicholas Searle katapultiert die Leser in seinem Debütroman in ein Wechselbad der Gefühle. Dabei führt sie der ehemalige Lehrer und Mitarbeiter des neuseeländischen Geheimdienstes lange an der Nase herum. In raschen Perspektivwechseln wird mal Roys krimineller Hintergrund enthüllt, mal Bettys biederes Leben dargestellt. Immer schneller geht es rückwärts in der Zeit, und allmählich dämmert selbst dem naivsten Leser, dass er einer klugen Inszenie- rung auf den Leim gegangen ist. Denn nichts ist so, wie es scheint, nicht einmal auf die Namen ist Verlass.
Alles, was sich dann ereignet, wäre nicht möglich ohne Ereignisse im Jahr 1938. In der Nazizeit wurde der Samen gelegt für das, was später passiert. Damals war „Das alte Böse“, so der Buchtitel, noch jung. Und doch schon spürbar. Ein Junge, selbstverliebt und skrupellos, reift zum Mann, der über Leichen geht. Die Demaskierung des mitleidlosen Identitätendiebs am Ende ist eine Erleichterung – auch für die Leser, die dieser hinterhältig erzählten Geschichte mit zunehmender Atemlosigkeit gefolgt sind. Searle hat ein grandioses Thriller-Debüt hingelegt.