Inflationäre Populismus-Keule
Populismus, das hieß irgendwann einmal, dem Volk nach dem Mund reden, also exakt das, was Politikern seit Jahrtausenden nachgesagt wird. Heute ist Populismus ein Schimpfwort – und das nicht ohne Grund. Überall auf der Welt erheben politische Zündler Anspruch auf die alleinige Wahrheit und greifen mit den immer gleichen plumpen, vereinfachenden Leitsätzen nach der Macht: „Wir da unten gegen die da oben“, „Das Boot ist voll“, „Nur wir wissen, was das Volk wirklich will“.
Viele Menschen merken, dass die Verhältnisse auf dem Globus sich gerade rasend schnell ändern, und sie fragen sich, wo sie dabei bleiben. In dieser immer komplizierter scheinenden Welt haben simple Lösungen Konjunktur. Wer sich da als Stimme des Volkes, als Außenseiter im angeblich verfilzten Politikbetrieb oder als wahrer Vertreter des kleinen Mannes inszeniert, der kann sich der Aufmerksamkeit sicher sein. Und zu dieser Art des Populismus gehört es, den politischen Gegner gnadenlos mit allen Mitteln zu verdammen – und sei es mit dem Vorwurf des Populismus. Es ist nicht selten, dass Populisten Populisten als „Populisten“beschimpfen.
Wem irgendeine Forderung oder Position der Gegenseite nicht passt, der nennt sie heute erst einmal populistisch. Der inflationäre Gebrauch des Populismus-Vorwurfs aber schadet der Streitkultur und damit der Demokratie. Gerade jetzt im Wahlkampf haben die Bürger echte Argumente verdient.