Und plötzlich dieser Nacktradler
Die Isar halt! Eine Tour von der Quelle bei Scharnitz bis zur Mündung bei Deggendorf. 299 Kilometer Raderlebnis. Was man alles erlebt, wenn man den Tag auf sich zukommen lässt
Langsam keuchen wir die Straße von Scharnitz hinauf, Umdrehung für Umdrehung bringen wir unsere Räder immer höher ins Hinterautal. Bäume spenden Schatten bei hochsommerlichen 30 Grad. Dann öffnet sich der Blick auf das gewaltige Bergmassiv des Karwendel, und drunten im Tal fließt die noch junge türkisblaue Isar. Vorbei an Almwiesen mit grasenden Kühen geht es durch den autofreien Naturpark Karwendel auf der Suche nach dem Isarursprung.
Tatsächlich entdecken meine Frau und ich die Hauptquellen der Isar zwischen Moos und Felsen. Inmitten von alten Ahornbäumen fließen die Bächlein. Ganz klar und rein. Dieser Ort ist so schön, hier könnte man ins Philosophieren kommen. Über Dinge wie die Ursprünglichkeit unseres Lebens, unserer Natur. Wir füllen direkt an der Quelle unsere Wasserflasche mit reinstem Gebirgswasser – der ideale Durstlöscher und der Begrüßungsschluck für die kommende Radtour entlang der Isar: 299 Kilometer Raderlebnis pur.
Für den Rückweg nach Scharnitz brauchen wir deutlich weniger Zeit und können mit den zahllosen Radlern mit Elektroantrieb locker mithalten. Durch das Naturschutzgebiet „Riedboden“rollen wir nach Mittenwald mit seinem historischen Ortskern und dem Geigenbaumuseum. Schnell merken wir, dass der Isarradweg für alle Radlertypen interessant ist. Wir werden von sportlichen Kilometerfressern überholt, treffen Familien und unterhalten uns mit Ruhesuchenden, die einfach nur entschleunigen wollen – auf dem Rad oder auch zu Fuß. Wir haben ganz normale Straßenräder und das Gepäck ist in einem Anhänger verstaut. Viel brauchen wir nicht: Badesachen, Regencape, Kleidung für den Abendbummel, Waschbeutel, Erst-Hilfe-Set und Flickzeug. Auf unserer Tour entlang der Isar von der Quelle bis zur Mündung bei Deggendorf erleben wir drei wesentliche Abschnitte: Oberbayern mit seinen mächtigen Bergen und der Postkartenidylle, München mit seinem pulsierenden Leben und Radlern, die nur auf sich schauen. Und Niederbayern, wo die Menschen noch Zeit für ein Grüß Gott und ein Lächeln haben.
Die Isar zeigt viele verschiedene Gesichter. Von der Alpenwelt Karwendel radeln wir nach Krün, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama beim G7-Gipfel mit Weizenbier anstießen. Über Wallgau geht es zum eiskalten Bad im Sylvensteinspeichersee und zum „Internationalen Flößerdorf“Lenggries. Hier sollte man etwas Profil auf den Reifen haben, geht es doch ganz schön über Stock und Stein und so manche Steigung hinauf. Übernachtungen sind problemlos zu finden, lassen sich meist am gleichen Tag noch buchen. ● mit der Bahn bis Scharnitz und zurück ab Plattling. Für die 299 km vom Isarurspung bis zur Mündung sollten mindestens fünf Tage eingeplant werden. ● Seilbahnfahrten, Bade stopps, Stadtvisiten, Museums , Kir chen , Klöster und Schlösserbesichti gungen verlängern die Reisedauer entsprechend. Angesichts der prächti gen Naturkulissen und der Vielzahl von Biergärten macht ein großzügiges Etappen Zeitfenster Sinn. Wir legen immer ein Tagesziel fest und buchen morgens über das Internet oder per Telefon. An den Radwegen vor und hinter München gibt es viele idyllische Biergärten und auf dem Isar-Kanal tummeln sich lautstark Gruppen bei Floßfahrten. Oberbayern pur mit Live-Musik und reichlich Bier. Durch den Grünwalder Forst führt uns der Weg vorbei an vielen Kiesbänken. So stellt man sich den Münchner Süden vor: tief gebräunte Sonnenanbeter mit und ohne Textilien.
Unser Ziel ist an diesem dritten Tag der Englische Garten mit dem Chinesischen Turm. Dort holen wir uns zwei große Brezen und zwei Maß Bier. Das haut dann auch kräftig rein, und wir trauen uns kaum an den Fahrradpolizisten vorbei, die über den Trubel im Park wachen.
Was für ein Unterschied am
In Niederbayern ist noch Zeit für ein „Grüß Gott“ Durch einen Auwald zieht es uns nach Freising