Mit einem Nato Ticket in die Türkei
Den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses hat Ankara die Einreise verweigert. Jetzt dürfen sie aber doch die Besatzungen der Awacs-Maschinen in Konya besuchen. Die Opposition spricht von einer „Kapitulation“vor Erdogan
Die Türkei hat einem Besuch deutscher Abgeordneter bei Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Konya nun doch zugestimmt. Das teilte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) dem Verteidigungsausschuss des Bundestags mit.
Die Reise findet nun allerdings unter dem Schirm der Nato statt. Das ruft die Kritik der Opposition hervor. Mitte Juli hatte die Türkei einen geplanten Besuch von Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Bundestags bei deutschen Soldaten auf dem Stützpunkt Konya abgelehnt und damit die deutsch-türkischen Spannungen weiter verschärft.
Die Nato bemühte sich daraufhin darum, zwischen den beiden Mitgliedern des Militärbündnisses zu vermitteln. Mit Erfolg: Dem Schreiben Gabriels zufolge hat die türkische Regierung dem Vorschlag von Hellmich (SPD), mit. Der Besuch in Konya soll unter Leitung der stellvertretenden Nato-Generalsekretärin Rose Gottemoeller stattfinden, sieben Mitglieder des Verteidigungsausschusses können Teil der Delegation sein. Von Konya aus starten Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato zu Einsätzen im Kampf gegen die Terrormiliz IS.
Hellmich begrüßte die Einigung. „Das ist in unserem Interesse“, sag- te der SPD-Politiker. „Das ist ein wichtiger Schritt, in der Nato deutlich zu machen, dass das Besuchsrecht unabdingbar ist.“
Ein Besuch auf Nato-Einladung ersetze zwar nicht das Recht auf Bundestagsbesuche, betonte Hellmich. „Aber er ist ein wichtiger Beitrag, um einen Konflikt zu entschärfen, der der Nato gar nicht dienlich war.“
Die Opposition kritisierte den Kompromiss, nach dem die türkische Regierung Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei den deutschen Soldaten in Konya nur als Teil einer Nato-Delegation erlaubt. „Das stellt eine Kapitulation der Bundesregierung vor dem Verhalten der Türkei dar“, sagte der Linken-Parlamentarier Alexander Neu. Die Bundesregierung stelle die Reise lieber unter den Schirm der Nato, anstatt den Konflikt mit entsprechendem Druck auf Ankara zu lösen. Das gewählte „Hilfskonstrukt“über die Nato tauge „nicht zur Dauerlösung“, erklärte auch die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. „Es kann nicht sein, dass bei jeder Reiseplanung Präsident Erdogan den nächsten Erpressungsversuch startet.“Das Besuchsrecht müsse uneingeschränkt gelten.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verteidigte die gefundene Lösung, auch wenn diese nicht alle Konflikte und Probleme löse. Er empfinde das Vorgehen daher nicht als Einknicken vor Erdogan, sagte Schulz in Chemnitz. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach von einer „guten Lösung“.
Als Konsequenz aus dem Streit mit Ankara um verweigerte Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik ist das dortige Bundeswehr-Kontingent nach Jordanien verlegt worden.