So lässig sind die Schwimmer
Dieser Sommer hatte Weltmeisterschaften der beiden olympischen Kernsportarten im Programm: erst Schwimmen in Budapest, dann Leichtathletik in London. In einigen Bereichen lagen die beiden Großereignisse sehr nah beieinander. Hier wie dort dominierten die USA. Hier wie dort blieben die deutschen Starter hinter den Erwartungen zurück.
Ein Unterschied fällt aber auf: Das Niveau der Weltspitze in den beiden Sportarten hat sich extrem unterschiedlich entwickelt. Am augenfälligsten wird das beim Blick auf die Weltrekorde. Elf stellten die Schwimmer in Budapest auf, null die Leichtathleten in London.
Natürlich werden Leichtathleten viel stärker von äußeren Bedingungen beeinflusst. Die empfindliche Muskulatur eines Edelsprinters mag es nicht, wenn sie bei Nieselregen und zwölf Grad Höchstleistung bringen soll. Schwimmer dagegen haben in ihren Hallen immer nahezu optimale Bedingungen.
Trotzdem: Die Qualität der Leistungen ist in London auf breiter Front gesunken. Viele Beobachter werten das als Indiz dafür, dass die Schrecken der Dopingenthüllungen aus Russland Wirkung gezeigt haben. Das zeigt sich auch im unterschiedlichen Umgang der beiden Verbände mit dem Thema. Bei den Olympischen Spielen des vergangenen Jahres in Rio waren russische Leichtathleten bis auf eine Ausnahme ausgeschlossen. Und auch in London durfte nur eine Handvoll Russen unter neutraler Flagge starten. Der Journalist Hajo Seppelt, der die russischen Machenschaften aufdeckte, attestiert dem internationalen Leichtathletikverband eine vergleichsweise große Glaubwürdigkeit in seinen Bemühungen, Doping einzudämmen.
Was aber ist der Umkehrschluss? Dass die Schwimmer munter weiterdopen? Einen Ausschluss der Russen gab es dort nicht. Deshalb durfte zum Beispiel auch Julija Jefimowa starten und Gold über 200 Meter Brust gewinnen. Schon 2014 war sie 16 Monate wegen Dopings gesperrt worden – genau so lange, um pünktlich zur WM 2015 in ihrer Heimat wieder startberechtigt zu sein. Ihr lässiger Kommentar dazu: „Wenn Sie einen Führerschein haben, fahren Sie irgendwann auch mal zu schnell, dann bekommen Sie ein Ticket.“
Als 2009 die Ganzkörperanzüge verboten wurden, glaubte man, die bis dahin aufgestellten Schwimm-Weltrekorde seien für die Ewigkeit. Ein Irrtum. Weit über die Hälfte wurde inzwischen verbessert, teilweise gar pulverisiert. Ein Ende der Weltrekordflut ist nicht absehbar, denn es gilt: Wer zu schnell schwimmt bekommt einen Strafzettel – und darf weitermachen.