Beeindruckt von Nördlingen
Dr. Ernst Dietrich Bezzel erinnert sich an seine Zeit im Ries. In diesen Tagen feierte der Oberkirchenrat im Ruhestand seinen 80. Geburtstag
Nördlingen/Ansbach Oberkirchenrat im Ruhestand Dr. Ernst Dietrich Bezzel feierte dieser Tage seinen 80. Geburtstag. Bis 2002 war er Regionalbischof im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg, zuvor bekleidete er von 1977 bis 1991 das Amt des evangelischen Dekans in Nördlingen. Er erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung noch sehr gut daran, wie er Nördlingen zu Beginn wahrnahm: „Besonders hat mich das Traditionsbewusstsein der Bürger beeindruckt, aus dem heraus sie ein bodenständiges Christentum pflegten.“
Das sei viel intensiver im Alltagsleben verankert gewesen, als es gewöhnlich zum Beispiel in größeren Städten der Fall war. Konkret äußerte sich das in dem besonders reichen kirchenmusikalischen Leben vom Kinderchor bis zum alljährlichen Oratorium – zu Bezzels großer Freude eines der herausragenden Merkmale der Nördlinger Gemeinde, die bis heute konsequent weiterentwickelt wurde. Bezzel stellte auch von Anfang an eine gute Grundlage für Ökumene fest: „Katholische wie Evangelische sprachen von der großartigen Georgskirche immer als ‚unserer’ Kirche“, erinnert er sich. So war es nicht schwer, das ökumenische Klima ständig zu verbessern durch gemeinsame theologische Vorbereitung der Weltgebetstage oder gemeinsame Gottesdienste wie zum Beispiel zum Jahrestag der Schlacht am Albuch oder nach dem Mord an Hanns Martin Schleyer. Die gemeinsame Renovierung der Friedhofskirche St. Emmeram betrachtete er als „sehr beglückende Zusammenarbeit“.
Bezzel kam nicht mit Plänen und Programmen nach Nördlingen, sondern ging pragmatisch das alltägliche Leben an. So trieb er stetig die diakonische Arbeit voran und pfleg- te die Seelsorge: „Zum Schluss wusste ich genau, wer in welchem Haus wohnte.“So stellte zu seinem 80. Geburtstag denn auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm heraus, dass Bezzel Seelsorge und Verkündigung des Evangeliums einen zentralen Stellenwert in der kirchlichen Arbeit zugeschrieben habe, was wichtig sei auf dem künftigen Weg zu einer ausstrahlungsstarken Kirche.
Natürlich strebte Bezzel als Dekan auch Projekte an, so lag ihm ein neues Gemeindezentrum am Herzen. Das alte war damals noch in der Kreuzgasse anstelle der ehemaligen Synagoge – dass die Synagoge mit ihren markanten Türmen in den 50er-Jahren abgerissen worden und damit das Denkmal jüdischer Kultur in Nördlingen zerstört war, ist für ihn heute noch schlimm. Dem neuen evangelischen Gemeindezentrum in der Hallgasse ging eine der größten Katastrophen der neueren Zeit voraus – der verheerende Brand des Dehlergartens, an dessen Stelle das Gemeindezentrum heute steht. „Vor der Leistung der Feuerwehr, die noch schlimmeres verhinderte, als die Funken schon über die Georgskirche hinweg wirbelten, habe ich große Hochachtung.“
Bezzels Wirken in Nördlingen war in den Augen der Kirche zweifellos von Erfolg gekrönt, sonst wäre er anschließend kaum in den Rang eines Regionalbischofs erhoben worden. Aber im Rückblick sieht er die Arbeit auf viele Schultern verteilt: „Die Mitglieder auf Dekanatsebene und in der Kirchengemeinde waren unverzichtbar; meine Frau Ingrid war meine wichtigste Mitarbeiterin.“
Und auch für das gute Verhältnis zur Stadt ist er heute noch dankbar -– Alt-Oberbürgermeister Paul Kling schickte ihm auch heuer wie in jedem Jahr seine Geburtstagsglückwünsche.