Schwereloses Klavierspiel
In Oettingen erleben die Besucher Echo-Gewinner William Youn am Piano. Er tritt zusammen mit dem Bayerischen Kammerorchester Brückenau auf
Oettingen Nach einer langen Sommerpause setzten die Residenzkonzerte Oettingen die Konzertsaison 2017 fort und erhielten für das Gastspiel des Bayerischen Kammerorchesters Brückenau einen voll besetzten Saal. Dazu trugen der Bekanntheitsgrad des Orchesters und ihres Chefdirigenten Johannes Moesus und die Würdigung des Solisten durch den Rundfunksender „Bayern Klassik“ebenso bei, wie die inzwischen überregional ausstrahlende Konzertreihe.
Bevor sich aber William Youn, der viel gepriesene Pianist aus Korea, ans Klavier setzte, hatten Johannes Moesus und das Brückenauer Orchester für das Publikum einen überraschenden musikalischen Aperitif vorbereitet. Joseph Haydn hatte an seinem langjährigen Wirkungsort am Schloss des Fürsten Esterhazy auch einige Opern komponiert, für die sich auch die Kaiserin Maria Theresia begeistern konnte, die aber auch bei Haydn-Liebhabern in Vergessenheit geraten sind. So war es ein außergewöhnliches Ereignis, die Seeräubergeschichte „L’isola dis- der „unbewohnten Insel“, auf die Constanze, die Frau des von den Seeräubern entführten Enrico mit ihrer Schwester flüchten konnte, in Haydns Ouvertüre nachzuerleben. Die Vorstellung einer verlassenen Insel inmitten der Ozeane weit von der menschlichen Zivilisation inspirierte seinen Geist zur Schaffung eines musikalischen Schmuckstücks. Das regte offensichtlich auch die Fantasie der Musiker des Bayerischen Kammerorchesters an, hörbar in den liedhaften Melodien und der tänzerischen Musik, mit einem entzückenden Menuett und einem temperamentvollen, von Dirigent Moesus stringent forcierten, Schlussteil.
W. A. Mozarts „Klavierkonzert B-Dur, KV 595“gehört eigentlich zum Standardrepertoire vieler großer Pianisten, darum ist es spannend, die verschiedenen Auffassungen der Künstler zu erleben. William Youn begeisterte die Zuhörer vor allem durch die Natürlichkeit seines Spiels. Sein bescheidenes Auftreten kam darin zum Ausdruck. Es gelang ihm, die Musiksprache des Komponisten herauszustellen und mit seinem sehr sensiblen und nuancierten Anschlag die bei Mozart stets betonte Leichtigkeit herauszuarbeiten. Zu Beginn spürte man in seiner Interpretation aber auch eine bei Mozart sonst ungewöhnliche Schwermütigkeit, die diesem letzten Klavierkonzert in einer für ihn schwierigen Zeit anhaftet.
Die Anklänge auf die bald danach entstandene „Zauberflöte“verschafften die liedhaften Motive und perlenden Spielfiguren im folgenden „Larghetto“dem Zuhörer einen wunderbaren Hörgenuss. Mit dem faszinierenden Piano des Solisten und des Orchesters kamen auch die akustischen Qualitäten des Konzertsaales voll zur Geltung. Alle Schwermut verflog im RondoSchlusssatz, in dem Mozart die Melodie seines Frühlingslieds „Komm lieber Mai!“in den Refrain einarbeitete. Für die Schwerelosigkeit seines Klavierspiels erhielt William Youn vom Publikum einen überwältigenden Beifall, sodass er noch seine romantische Seite mit der Zugabe des „Ständchens“von Franz Schubert offenbarte.
Im zweiten Teil des Konzerts erlebten die Besucher die Natur Norabitata“, wegens, die in Edvard Griegs „Zwei elegischen Melodien“geschildert wird. Ruhig fließend und beschaulich wirkend entsteht in seiner Musik eine besondere Stimmung, nicht so romantisch wie in Schuberts Welt, eher rau und verträumt, mit dramatisierenden Steigerungen in den tiefen und gleißenden Harmonien in den hohen Streichern.
Als Gegensatz dazu wählte Johannes Moesus eine Sinfonie in Es-Dur des mit Mozart gerne verglichenen Joseph Martin Kraus, der seine Karriere zur selben Zeit am Königshof in Stockholm machte. Mit viel rhythmischer Bewegung in den Ecksätzen und einem lyrisch angelegten Mittelsatz überzeugte das Bayerische Kammerorchester mit der anregenden, abwechslungsreichen Musik dieses weithin unbekannten, ins abgelegene Schweden ausgewanderten Komponisten, in der besonders auch die Bläser glänzen konnten. Zur Freude der Zuhörer, die auch hierfür großen Beifall spendeten. Dafür gab es dann eine Zugabe mit dem Schlusssatz von Antonio Rosettis „F-Dur Sinfonie“, was man von Johannes Moesus als Rosetti-Präsident erwarten konnte.