Nach 76 Jahren zurück
Heinz Wolf wurde während des Zweiten Weltkrieges nach Deiningen geschickt
Deiningen Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Kinder auf dem Land in Sicherheit gebracht. Eines von ihnen war Heinz Wolf, der mit der sogenannten Kinderlandverschickung von Hattingen im Ruhrgebiet nach Deiningen ins Ries kam. Der Aufenthalt hat ganz offensichtlich bei Wolf einen tiefen Eindruck hinterlassen – kürzlich besuchte der heute 90-Jährige nach 76 Jahren das Ries.
Bei einem Treffen mit Kreisheimatpfleger Herbert Dettweiler und der Deininger Archivarin Margarete Kneusels-Link, die kenntnisreich durchs Dorf führte, berichtete er: „Mein Bruder Josef und ich mussten sich der luftkriegsbedingten Kinderlandverschickung anschließen. Im Februar 1941 ging es im Bahnsammeltransport mit umgehängten Namensschildern ins Ries nach Deiningen. Ein neuer, moderner Kindergarten in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof diente als Verteilstation der ,Bombenkinder’. Die Gastoder Pflegeeltern standen mit Schlitten und Handwagen in der Dunkelheit zur Abholung bereit. Mein Bruder kam zu dem Hausschlachter Heinrich und ich zur Bäckerei Moll am anderen Ende des Dorfes. Wir fanden uns erst am übernächsten Tag in der zweiklassigen Dorfschule wieder.“
Beim Rundgang durch Deiningen vermisste Heinz Wolf den Bahnhof und die Gleise, erinnerte sich aber vor der ehemaligen Volksschule: „In der Schule wurde nicht nur gelernt, sondern in organisierten Sondereinsätzen wurden wir auch regelmäßig zur Feldarbeit herangezogen, um mit einer entsprechenden Hacke das Unkraut Reihe für Reihe heraus zu hacken und das nicht nur auf den Feldern unserer Pflegeeltern. Das gemeinsame Vespern mit Schinken und Brot war immer eine willkommene Abwechslung.“
An der Eger wusste der Gast eine weitere Geschichte zu erzählen: „Neben Kühen und Rindern wuchs auf dem Anwesen eine stattliche Herde von Gänsen heran. Diese wurden täglich abwechselnd von den Moll-Jungs oder von mir mithilfe einer Gerte auf die Wiesen an der Eger getrieben. Wenn man nicht aufpasste und die erste Gans in der Eger schwamm, kamen alle hinterher. Es blieb dann nichts anders übrig als selbst ins nur hüfttiefe Wasser zu springen, um die Tiere wieder auf die Weide zu holen.“
Fast ein wenig gerührt war Heinz Wolf auf dem Friedhof vor dem Grabstein seiner damaligen Gasteltern Jakob und Maria Moll und dem Grab deren Sohn, seines Schulkameraden Johann Moll, der 2012 verstorben ist. Der anschließende Besuch bei der heute auf dem damaligen Anwesen Hausnummer 117 wohnenden Enkelin war für Heinz Wolf wohl der Höhepunkt seiner Erkundungsreise. Sogar an die ehemalige Backstube erinnerte er sich noch lebhaft, wenn hier jetzt auch ein elektrischer Backofen steht: „Jeweils am Wochenende wurde bei meiner Pflegefamilie der Backofen aufgeheizt. Die dazu benötigten circa 80 Zentimeter langen FichtenHolzscheite wurden auch von mir mit Beil, Axt und Stahlkeilen gespalten. In der Backstube sammelten sich Laibe und Kipfe in runden und länglichen Strohkörbchen, die von den Dorfbewohnern gebracht wurden. Nach dem Backen wurde das fertige Brot wieder abgeholt. Für uns war dann aber ebenfalls ein guter Tag: Dosenwurst organisierte mein Bruder zusammen mit dem Sohn des Metzgers, bei denen er wohnte, das Brot dazu kam von mir, bzw. aus der Lohnbäckerei meiner Gasteltern.“
Die heutige Besitzerin Helma Krajnovic, geb. Moll, freute sich ebenfalls über den Besuch und studierte die ihr unbekannten mitgebrachten Fotos aus dem Jahre 1941, auf denen ihre Großeltern, sowie ihr Vater und ihr Onkel zu sehen waren.