„Der Mann war unberechenbar“
Christopher Knaub ist einer der Sicherheitsleute, die in Nördlingen von einem bewaffneten 59-Jährigen bedroht wurden. Er und sein Kollege hatten den Flüchtigen verfolgt, bis die Polizei eintraf
Nördlingen Seit etwa sieben Jahren ist Christopher Knaub für den Nördlinger Sicherheitsdienst Scherlin im Einsatz. Dabei hat er Vieles erlebt. Schlägereien, Einbrecher, die auf frischer Tat ertappt wurden, Beleidigungen. Doch was am frühen Donnerstagmorgen passiert ist, wird er wohl so schnell nicht vergessen.
Knaub hatte mit einem Kollegen jenen angetrunkenen 59-Jährigen entdeckt, der später für einen großen Polizeieinsatz in Nördlingen inklusive Spezialeinsatzkommando (SEK) und Helikopter verantwortlich war und sich selbst von einem Schuss in den Oberschenkel nicht stoppen ließ.
Beim Dienst im angrenzenden Gästehaus war ihm und seinem Kollegen kurz nach 3 Uhr ein auf einer Parkbank in der Nähe des Löpsinger Tors kauernder Mann aufgefallen. „Wir wollten nur prüfen, ob es ihm gut geht, ob er vielleicht Hilfe braucht. Zu dieser Jahreszeit ist es ja auch schon ziemlich kalt in der Nacht“, erklärt Knaub. Er habe sich vorgestellt und dem 59-Jährigen gesagt, dass er bitte nicht erschrecken solle. „Ich erschrecke nicht, ich mache euch fertig“, habe der Mann erwidert, erinnert sich der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes. Dann sei er aufgesprungen, habe ein Jagdmesser gezückt, die Klinge war etwa 15 Zentimeter lang, schätzt Knaub, und sei direkt auf ihn und seinen Partner zugegangen. „Er ließ sich nicht beruhigen, ich habe mehrmals gerufen, dass er das Messer weglegen soll, aber er kam immer näher.“
Da die Sicherheitsleute beim Dienst im Gästehaus keine Waffen trugen, suchten sie Schutz in ihrem Auto und kontaktierten die Polizei. „Wir sind keine Rambos, es ist wichtig, vorsichtig zu Werke zu gehen.“
Der bewaffnete 59-Jährige hatte sich derweil auf sein Fahrrad geschwungen und trat die Flucht an. „Wir wollten ihn natürlich nicht entwischen lassen und sind hinterhergefahren. Er war ganz offensichtlich verwirrt und gefährlich“, sagt Knaub. Bis zum Eintreffen der Polizei blieben sie dem Mann auf den Fersen, doch auch dann war der Einsatz der Sicherheitsleute nicht beendet.
Knaub und sein Partner unterstützten die Polizisten beim Versuch, den Bewaffneten zu überwältigen. „Er ließ sich auch von den Polizisten nicht beruhigen. Er hat versucht sie zu schlagen, dann wollte er mit dem Messer auf sie los.“Selbst zwei Warnschüsse der Polizei hätten den 59-Jährigen nicht beeindruckt. Selbst dass er Pfefferspray in die Augen gesprüht bekam, habe den Mann kaum beeinflusst.
Knaub war damit beschäftigt, Verkehrsteilnehmer vom Geschehen abzuhalten. „Ich wollte vermeiden, dass jemand aus Versehen in die Schussbahn gerät“, meint er. Selbst als der 59-Jährige von einer Kugel im Bein getroffen wurde, habe er sein Jagdmesser nicht fallen lassen, das sei schon bezeichnend gewesen. „Der Mann war unberechenbar und voller Adrenalin. Dass die Polizisten das SEK gerufen haben, war definitiv berechtigt“, meint Knaub. Die Spezialeinheit konnte den Mann, der zwischenzeitlich wieder geflüchtet war, später an der B 25 aufgreifen.
Dass der Täter wie von den Ermittlern vermutet wegen einer psychischen Erkrankung ausgerastet sein soll, kann sich Knaub gut vorstellen. Nur am Alkohol könne das nicht gelegen haben. Der 59-Jährige befindet sich laut Polizei mittlerweile in einer geschlossenen Abteilung eines Bezirkskrankenhauses – nach Informationen unserer Zeitung soll es nicht sein erster Aufenthalt in einer solchen Einrichtung sein.