Armut ist zu groß für das Kleingedruckte
Auf über 500 Seiten Sozialbericht geht es um die soziale Lage im Freistaat – und nicht einmal findet sich der Begriff „Armut“. Die zentrale Botschaft der Staatsregierung lautet: Bayern geht es gut wie nie. Die Statistik bescheinigt den Bürgern die höchsten Einkommen und die niedrigsten Arbeitslosenquoten in ganz Deutschland. Also alles gut in Bayern, keine Spur von Armut?
Keineswegs. Vor allem – aber nicht nur – in Großstädten wie Nürnberg, München oder Augsburg muss man schon viele Augen zudrücken, um an Symptomen von Armut unbehelligt vorbeizukommen. In Bayern gibt es immer mehr Menschen, die es deutlich schwerer haben als andere. Wann sie tatsächlich als „arm“gelten, ist statistisch gesehen eine Frage der Definition. Doch in der Debatte um Armut geht es eben um weit mehr als nur Statistik. Es geht um Menschen. Um deren Sorgen und Nöte.
Doch im Sozialbericht kommen diese an einigen Stellen zu kurz oder wurden geschönt. Berechtigterweise kritisieren Gewerkschaften und Arbeiterwohlfahrt die kleinen Tricks, wie im Ministerium die – zweifelsohne überdurchschnittlich guten – Statistiken noch aufgebessert wurden. Dabei wäre es gerade in Zeiten, in denen sich offenbar immer mehr Menschen „abgehängt“fühlen, wichtig, ihnen Aufmerksamkeit zu widmen. Ihre Probleme nicht kleinzureden, sondern sie zu lösen. Das erwarten die Menschen von der Politik. Und das zu Recht.