CSU bleibt bei der Obergrenze hart
Landesgruppenchef Dobrindt verteidigt Bayerns Gangart im Flüchtlingsstreit. Wird das Krisentreffen der Unionsschwestern am Sonntag zur historischen Kraftprobe?
Augsburg/Berlin Zwei Wochen nach der Bundestagswahl steuern CDU und CSU auf eine historische Kraftprobe zu. Vor dem Spitzentreffen der beiden Schwesterparteien am Sonntag besteht die CSU weiter auf einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen. Um die Probleme unter Kontrolle zu bekommen, sei neben einer Reihe weiterer Maßnahmen auch eine solche Grenze nötig, betonte der neue Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt in einem Interview mit unserer Zeitung. Spekulationen, die CSU könnte ein Stück weit von ihrer bisherigen Position abrücken, um ein Hindernis für eine sogenannte JamaikaKoalition aus dem Weg zu räumen, wies er zurück: „Ein klares Nein.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wie Grüne und Liberale strikt gegen eine Obergrenze. Dobrindt dagegen betrachtet sie als Teil eines „umfassenden Regelwerkes“zur Begrenzung der Zuwanderung, zu dem auch das Sichern von Grenzen, das Beschleunigen von Abschiebungen und das Ausweiten der sicheren Herkunftsstaaten gehörten. Parteichef Horst Seehofer, der nach den hohen Verlusten bei der Wahl parteiintern unter Druck steht, hat sein politisches Schicksal praktisch mit einem Erfolg in dieser Frage verknüpft. Ohne Lösung zur Obergrenze, betonte er am Freitag in München, „kann ich zu meiner Basis nicht zurück“. Die Mehrheit der Wähler hat er dabei offenbar hinter sich: Nach einer Umfrage des Forschungsinstitutes YouGov halten 58 Prozent der Deutschen eine solche Regelung für richtig. Nur 28 Prozent sprachen sich dagegen aus. Selbst jeder vierte Grünen-Wähler bekannte sich zur Obergrenze.
Die Integrationsfähigkeit des Landes habe eine Grenze, betonte Dobrindt. Weltweit seien 60 Millionen Menschen auf der Flucht. „Wir müssen Vorsorge treffen, dass sich ein Jahr wie 2015 nicht wiederholt.“Dazu will die CSU auch den Familiennachzug für Flüchtlinge, die nur vorübergehenden Schutz genießen, über den bisherigen Stichtag im März nächsten Jahres hinaus aussetzen. „Es liegt auf der Hand, dass sich ein Teil unserer Wähler nicht mehr ausreichend von der Union repräsentiert fühlt“, kritisierte auch der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak. Im Entwurf für eine Erklärung, die der Parteinachwuchs heute beschließen will, heißt es unter anderem: „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Was wir nicht brauchen, ist eine ungesteuerte Zuwanderung in unsere Sozialsysteme.“
Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen fordern zwei prominente Altvordere der CSU den Rückzug von Parteichef Seehofer. Nach dem ehemaligen Parteivize Peter Gauweiler plädiert auch der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein für einen Neuanfang. Er sei bei einem Ergebnis von 43,8 Prozent zurückgetreten, sagte Beckstein im Bayerischen Rundfunk. „Jetzt haben wir 38,5 Prozent.“
Mit der Union und dem Streit um die Obergrenze beschäftigt sich auch der Leitartikel von Walter Roller. Das Interview mit Alexander Dobrindt lesen Sie in der