„So etwas darf nicht passieren“
Nachdem Chirurgie und Geburtshilfe am Wochenende abgemeldet waren, geht der Betrieb wieder weiter. Mindestens eine Frau musste in Aalen entbinden
Nachdem Chirurgie und Gynäkologie in Nördlingen abgemeldet waren, geht der Betrieb weiter. Reaktionen lesen Sie auf
Nördlingen Immer wieder hat das Personal geklagt. Immer wieder hieß es: erschöpft, am Limit und ausgelaugt. Auch wenn die Verantwortlichen inzwischen reagiert haben und es nach wie vor Gespräche gibt, um die Situation der Pflegekräfte im Kreis zu verbessern, die Reaktion auf diverse Hilferufe kam doch zu spät: Am vergangenen Wochenende wurde die Chirurgie am Nördlinger Stiftkrankenhaus abgemeldet. Der Belegarzt und Gynäkologe Dr. Robert Schaich entschied sich zudem aus Sicherheitsgründen, nicht zu entbinden. Für Frauen, die sich bereits auf das Stiftungskrankenhaus eingestellt hatten, muss solch eine Absage einer Hiobsbotschaft geglichen haben. Und die überbrachte am Samstag Hebamme Christina Pflugmacher während ihres 24-Stunden-Dienstes.
Bei einer werdenden Mutter setzten die Wehen ein. Ihr Mann rief bei der Geburtshilfestation an und wollte ankündigen, dass es jetzt bald soweit sei. Eine aufreibende Zeit für eine junge Familie. Das Paar wollte sich auf den Weg nach Nördlingen machen, doch das war nicht möglich. „Ich musste ihnen dann sagen, dass sie nicht kommen können“, sagt Christina Pflugmacher. Der Mann sei am Telefon aufgebracht gewesen. „Verständlich“, sagt die Hebamme. Immerhin hatte die Frau das Personal im Nördlinger Krankenhaus bereits kennengelernt. Das Paar fuhr also nach Aalen. Solch eine Situation, dass keine Kinder zur Welt gebracht werden können, hat es am Stift bislang nicht gegeben, sagt sie.
Die Hebamme befürwortet die Entscheidung des Gynäkologen. Mit nur einer OP-Schwester ließe sich beispielsweise ein Kaiserschnitt nicht sorgfältig durchführen. Denn es müsse neben der sterilen OPSchwester eine weitere als Springerin bereitstehen, wenn es beispiels- weise zu starken Blutungen komme und Konserven benötigt würden. Bei einem Kaiserschnitt müssten grundsätzlich zwei Ärzte, zwei OPSchwestern, ein Anästhesist plus die Anästhesieschwester sowie die Hebamme dabei sein. Nur so sei die sichere Versorgung der Patientin gewährleistet.
Verwaltungsrat Markus Landenberger-Schneider, der aktuell Oberbürgermeister Hermann Faul vertritt, war gestern im Stift, um sich vor Ort einen Überblick über die Personalsituation zu verschaffen und dem Ereignis nachzugehen. Auch seiner Ansicht nach war es richtig, die Station abzumelden, wenn die gute ärztliche Versorgung wegen Personalmangels nicht geleistet werden kann. „Aber so etwas darf nicht passieren, auch kurzfristig nicht“, sagt LandenbergerSchneider. Er betont zwar, dass die Versorgung im Kreis gesichert war. Dennoch hätte es seiner Ansicht nach „mehr Vertrauen geschafft“, wenn man mit dem Problem direkt vonseiten des Hauses auf die Öffentlichkeit zugegangen wäre.
Um die personelle Situation in der Pflege an den drei gKU-Standorten in Nördlingen, Oettingen und Donauwörth zu verbessern, wird weiterhin verhandelt. Das Thema soll heute Morgen zudem im Kreistag auf den Tisch kommen.
Personalratsvorsitzende Sonja Kuban sagte im Gespräch mit den Rieser Nachrichten, dass jetzt nach einem nachhaltigen Konzept gesucht werde, das auch Ausfälle stärker berücksichtige. „Wir tun alles, um die Sorgen wahrzunehmen“, sagte sie. Alle Punkte, die dringend angepackt werden müssten, sollen in den nächsten Tagen mit dem Verwaltungsrat und dem Vorstandsvorsitzenden Jürgen Busse besprochen werden. Ein möglicher Vertrag soll dann verbindlich sein.
Der Betrieb am Stift läuft inzwischen wieder. Auch die Geburtshilfe arbeitet ohne Einschränkungen.