Wenn Sterben zum Alltag gehört
Nördlingen Es sieht nicht aus wie in einem Krankenhaus. Der Fußboden in Holzoptik ist in warmen Brauntönen gehalten, der Flur mit Pflanzen und Bildern dekoriert. In einem Zimmer läuft sanfte Musik, in einem anderen wird gelacht. Eine Station, auf der viele Patienten die letzten Tage bis zu ihrem Tod verbringen, würden sich die meisten Menschen wohl anders vorstellen.
Roswitha Schmalisch koordiniert die Palliativstation des Nördlinger Stiftungskrankenhauses. Im Schnitt werden Patienten dort zwei Wochen betreut, therapiert und begleitet. Die meisten davon, Schmalisch schätzt 60 bis 70 Prozent, sterben auf der Station. „Der Tod ist in unserer Arbeit Alltag, aber er wird nicht zur Gewohnheit, niemals alltäglich“, sagt die gelernte Krankenschwester.
Wie Menschen sterben wollen, unterscheide sich je nach Charakter des Patienten extrem. Doch eine Sache würde die meisten verbinden: die Sehnsucht nach der Heimat. Die letzten Tage dort zu verbringen, wo sie aufgewachsen sind, an einem Ort, an dem das Herz hängt, das sei ein Wunsch vieler Patienten. Auch deshalb hängen überall im vierten Stock des Stiftungskrankenhauses Bilder bekannter Stellen aus dem Ries.
„Bei jedem läuft der Sterbeprozess anders ab“, sagt Schmalisch. Manche bräuchten die Familie möglichst oft um sich herum und würden offen über Probleme und Ängste sprechen, andere würden sich komplett abkapseln. „Für die Familie ist es dann in der Regel schwer, sich auf den Tod des Angehörigen vorzubereiten.“
Seit neun Jahren arbeitet die 56-Jährige auf der Palliativstation, hat bei ihrer Arbeit gelacht, geweint und auch immer wieder gestaunt, wie sie selbst sagt. Wer so intensiv mit Menschen in der schwierigsten Phase ihres Lebens arbeite, nehme automatisch viele der Emotionen auf – und auch mit nach Hause. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sie nach einem bewegenden Tag in der Arbeit schlecht schlafe, erzählt Schmalisch, die sich auch in einer Hospizgruppe engagiert.
„Ich habe großen Respekt vor dem Sterben, jedoch keine Angst. Aber wenn ich plötzlich krank würde...“– die 56-Jährige hält kurz inne. „Ich kann mir gut vorstellen, dass es sich dann ändert“, sagt Schmalisch. Täglich mit dem Tod zu tun zu haben, habe aber immerhin einen Vorteil – sie kenne zahlreiche Betreuungsmöglichkeiten und Anlaufstellen. „Ich würde für die letzten Tage meines Lebens ein stationäres Hospiz bevorzugen, aber so lange wie möglich zu Hause bleiben“, erzählt die die gelernte Krankenschwester.
„Ich hänge am Strohhalm Leben, aber es muss lebenswert bleiben.“Es wäre Roswitha Schmalisch wichtig, niemandem zur Last zu fallen.