Rieser Nachrichten

In Gottes Hand

- VON MARTINA BACHMANN

Nördlingen Ein Pfarrer ist bei den wichtigen Stationen des Lebens dabei. Er tauft das Baby, er begleitet einen Heranwachs­enden bei Kommunion oder Konfirmati­on, er spendet einem Brautpaar den Segen. Und manches Mal hält ein Pfarrer auch die Hand eines Menschen, der im Sterben liegt. Dekan Gerhard Wolfermann von der evangelisc­h-lutherisch­en Kirchengem­einde in Nördlingen hat das schon öfter getan, er hat Gläubige beim Sterben begleitet. Manche, so berichtet er, seien nur schwer gegangen: „Sie kämpften bis zuletzt.“Andere Menschen dagegen gingen in Frieden, im Reinen mit sich und ihren Liebsten.

Wer Sterbenden so nahe kommt, der setzt sich unweigerli­ch auch mit seiner eigenen Endlichkei­t auseinande­r. Auch Wolfermann tut das. Spöttisch spricht er von seiner „Restlaufze­it“, die ihm noch bleibe; wenn es gut läuft, so schätzt er, seien das noch viele Jahre. Er zitiert einen Psalm: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“Das Leben nutzen, die beschränkt­e Zeit auf dieser Erde aktiv gestalten – das meint er damit. Selbst, wenn man im Rückblick feststelle, dass man manches falsch gemacht habe, könne man am Ende doch als Christ auf einen gnädigen Gott vertrauen, auf einen, der die Fehler nicht aufliste, sondern vergebe.

Angst hat Wolfermann vor dem Tod nicht, doch friedvoll wünscht er ihn sich. Und ja, der Dekan möchte wissen, wann seine Zeit abgelaufen ist. „Ich möchte auf keinen Fall plötzlich sterben.“Wolfermann will sich von seinen Lieben verabschie­den, Dinge klären, beziehungs­weise ins Reine bringen. Und: „Ich hoffe, dass ich schmerzfre­i aus dieser Welt gehen kann.“

Doch was kommt danach, nach dem Tod? Die Bibel, erklärt der Dekan, sei sehr sparsam mit einer konkreten Vorstellun­g. Beschriebe­n werde ein Sein, ohne als Mensch, als Person aufzuerste­hen; Paulus schreibe, dass der geistliche Leib auferstehe. „Der Münchner im Himmel ist nicht meine Vorstellun­g“, meint Wolfermann schmunzeln­d: „Ich lasse mich gern überrasche­n. Gott wird es gut mit uns meinen.“Es ist dieses Vertrauen auf Gott, das den Dekan trägt: „Auch wenn es das Leben kostet, falle ich nicht aus Gottes Hand.“Das hilft ihm auch bei der schweren Aufgabe, Trauernden beizustehe­n, ihnen Halt zu geben. Doch auch der Dekan hat in manchen Momenten Zweifel: „Ich bin kein Glaubenshe­ld.“Er versteht, wenn selbst fromme Menschen mit ihrem Gottvertra­uen hadern, sollte es im Leben „knüppeldic­k“kommen.

Schwierig sei das Sterben, wenn Angehörige sich an den Menschen klammern, sagt Dekan Wolfermann. Einfacher sei es, wenn einer sagt: „Es ist gut, dass Du jetzt gehen darfst.“

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G. Wolfermann

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