Eine Kirche als Grabstätte?
Die Johanniskirche in Wemding steht seit vielen Jahren leer. Jetzt gibt es eine Idee, wie das Gotteshaus künftig genutzt werden könnte
Wemding Die Johanniskirche in Wemding ist über 530 Jahre alt, hat einen schönen, barock ausgestalteten Innenraum – und ein doppeltes Problem. Zum einen wird das Gotteshaus direkt am Friedhof seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt, zum anderen ist es durch die Erschütterungen des Schwerlastverkehrs, der direkt an dem Gebäude vorbeirollt, einsturzgefährdet. Deshalb musste die Kirche, die weder eine Heizung noch eine Orgel hat, vor zwei Jahren mit Stahlstreben und Holzbalken notgesichert werden. Vor diesem Hintergrund überlegen Stadtpfarrer Wolfgang Gebert, die Mitglieder der Kirchenverwaltung und des Pfarrgemeinderats sowie manche Gläubige seit einiger Zeit, wie es mit dem historischen Bauwerk weitergehen könnte.
Die Situation sei schwierig, erklärt Pfarrer Gebert. Die Kirchenstiftung St. Johannes sei finanziell nicht in der Lage, die Kirche zu reparieren. Von der Diözese sei momentan kein Zuschuss zu erwarten, denn: „Sie investiert nicht in ein Gebäude, das leer steht.“Geld aus Eichstätt käme nur, wenn die Kirche einen Verwendungszweck hätte.
Vor diesem Hintergrund ist in Wemding eine Idee entstanden, die bislang einmalig in Nordschwaben sein dürfte: In dem Gotteshaus könnten Urnen beigesetzt werden. „Dadurch würde der sakrale Charakter des Raums erhalten bleiben“, merkt Gebert an.
Der besuchte mit anderen Wemdingern einen Vortrag, den das Dekanat Weißenburg–Wemding organisierte. Bei der Veranstaltung sprach der Weihbischof aus Erfurt. In der Stadt in Thüringen befindet sich die Allerheiligenkirche, die ebenfalls baufällig war. In dieser Situation beschlossen die dortigen Verantwortlichen, eine Hälfte des Gebäudes in ein Kolumbarium umzuwandeln. Das ist eine Begräbnisstätte für Urnen. Das Interesse war enorm – und der Plan wurde in die Tat umgesetzt. „Innerhalb von ein paar Tagen waren alle Urnenplätze verkauft“, schildert Wolfgang Gebert. Vom übrigen Kirchenraum durch eine Glaswand getrennt, stehen jetzt dort Stelen, in denen sich jeweils 24 Urnen befinden. Mit den Gebühren finanzierte die Pfarrei einen Teil der Sanierung. Heuer unternahm die Pfarrgemeinde St. Emmeram Wemding eine Studienfahrt in den Osten Deutschlands – und machte auch Station in besagter Kirche in Erfurt. Die Reaktion: „Jeder befand das Kolumbarium für gut.“
Den Bedarf für eine solche Einrichtung sieht der Pfarrer auch in Wemding als gegeben an. Die Bestattungskultur ändere sich. Familien-Erdgräber seien nicht mehr so gefragt. Ein Grund dafür: „Angehörige ziehen weg, die Grabpflege ist eine Belastung.“Viele Menschen ließen sich nach ihrem Tod verbrennen. „Es gab in Wemding zuletzt Phasen, in denen hatte ich über Monate hinweg keine Erdbestattung mehr“, stellt Gebert dazu fest. Urnen würden auf dem Friedhof in Gräbern bestattet oder in einer dafür vorgesehenen Wand. Die sei inzwischen voll belegt.
Um ein Kolumbarium in der Johanniskirche zu errichten, müsse die Stadt mit ins Boot geholt werden: „Das Bestattungswesen liegt in der Hand der Kommune.“Der Pfarrer hat die Idee deshalb auch schon im Stadtrat vorgestellt. Bürgermeister Martin Drexler sagt auf Anfrage unserer Zeitung zu dem Thema: „Wir müssen erst einmal die Fakten wissen, dann können wir darüber diskutieren.“Der Rathauschef will demnächst mit dem Stadtpfarrer in Eichstätt vorstellig werden, um auszuloten, was möglich wäre.