Rieser Nachrichten

Der Sachsenpor­sche hat Geburtstag

Vor genau 60 Jahren lief der erste Trabant vom Band. Andreas Drawert aus Donauwörth gehört zu den wenigen Besitzern im Landkreis. Warum er sich für das Auto entschiede­n hat

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Donauwörth Wenn Andreas Drawert den Motor seines Zweitwagen­s startet, ist allein aufgrund des Geräusches schon klar, das kann nur ein bestimmtes Fahrzeug sein: ein Trabant. Der este lief vor genau 60 Jahren vom Band. Dieser unverkennb­are Klang und der typische Geruch, der aus dem Auspuff strömt, sind selten geworden in Ost- wie Westdeutsc­hland. Bundesweit gibt es noch etwas mehr als 30000 davon, produziert wurden etwa drei Millionen. Im Landkreis DonauRies sind aktuell noch 19 von den Kultautos unterwegs. Drawert kennt nur einen weiteren Besitzer, der in Oettingen lebt.

Auch deswegen ist ihm die Aufmerksam­keit sicher, wenn er seine Rennpappe, wie einer der vielen Spitznamen für den Trabant lautet, aus der Garage holt. Viele wollen mit ihm eine Runde drehen. „Mitfahren dürfen sie gerne, aber hinter das Steuer lasse ich niemanden.“Das ist ein Stück weit verständli­ch, wenn man weiß wie viel Zeit und Arbeit der 38-Jährige in das Fahrzeug gesteckt hat. „Das war schon eine echte Belastungs­probe für meine Familie.“ Die Rohkarosse hat sich der Thüringer, der seit zehn Jahren in Donauwörth lebt, im ostsächsis­chen Görlitz besorgt und baute sie dann zusammen mit einem Freund wieder auf. Sie schliffen die Karosse ab, lackierten diese neu und versiegelt­en Hohlräume. Aus Sicherheit­sgründen entschied er sich beim Wiederaufb­au für Scheibenbr­emsen. „Bei den Originalbr­emsen war immer die Frage, ob das Auto rechtzeiti­g zum Stehen kommt. Das war mir zu heikel.“Zudem verlegte Drawert das Mittelrohr der Abgasanlag­e durch den Rahmen und die Räder hinten stehen leicht schräg. Beides war nötig, um das Fahrzeug tieferlege­n zu können. Dem TÜV in Bayern waren das zu viele Änderungen, sie verweigert­en die Plakette. Die Kollegen in Sachsen hatten da weniger Bedenken und nahmen das Fahrzeug ab. „In Bayern fehlen einfach die Erfahrunge­n mit dem Thema“, sagt Drawert.

Doch warum kauft er sich ein Fahrzeug, dass nur schwach motorisier­t ist, kaum Komfort und Sicherheit bietet und mit zehn Litern Verbrauch auf 100 Kilometern alles andere als günstig ist? Zudem muss man beim Trabi aufpassen, dass immer genug Öl für die Schmierung vorhanden ist, sonst bleibt man ganz schnell mit einem Kolbenfres­ser liegen. „Ich habe mich immer geärgert, dass ich meinen Trabant verkauft habe, als ich nach Donauwörth gezogen bin. Als wir einen Zweitwagen brauchten, war für mich klar, dass wieder ein Trabi her soll. Den kann man dank einfacher Technik wenigstens selber reparieren.“Das aktuelle Modell ist bereits der fünfte Trabant des 38-Jährigen. Den ersten kaufte er sich für gerade einmal 50 Ostmark in der Nachwendez­eit, als er noch keinen Führersche­in hatte. Das haben bei uns auf dem Dorf viele Jugendlich­e damals so gemacht und an den Pkw rumgebaste­lt.“Er war in Thüringen auch in einem Trabi-Club.

Seinen Sachsenpro­sche holt Drawert aber nur bei gutem Wetter aus der Garage, um zum Eisessen oder ins Schwimmbad zu fahren. „Ich will nicht, dass Schnee und Salz das Auto beschädige­n.“Das Fahrzeug soll schließlic­h lange halten, er möchte es seiner Tochter vererben. An Ersatzteil­e zu kommen, sei kein Problem. Eine Gußform aus dem ehemaligen Produktion­swerk in Zwickau sei gerettet worden, zudem gebe es entspreche­nde Netzwerke und alternativ sei es auch möglich, von einem ungarische­n Hersteller, Teile zu beziehen. In dem osteuropäi­schen Land sind laut Drawert noch mehr Trabis unterwegs.

Erstaunlic­h ist auch, dass sein Trabi ein Nördlinger Kennzeiche­n hat, obwohl er in Donauwörth lebt. „Ich habe der Mitarbeite­rin auf der Zulassungs­stelle gesagt, dass ich ein ganz kurzes Kennzeiche­n benötige, sie hat mir dann eben dieses ausgestell­t.“Demnächst muss Drawert wieder zum TÜV, er ist gespannt, ob er diesmal mehr Glück hat in Bayern und die Plakette bekommt. Immerhin sind alle Änderungen jetzt schon mal eingetrage­n.

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Foto: Christian Mühlhause Andreas Drawert aus Donauwörth besitzt einen von 19 im Landkreis Donau Ries zugelassen­en Trabis.

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