Ein besonderer Pullover
In meinem Kleiderschrank hängt ein Pullover mit einer magischen Eigenschaft. Die hellblaue Strickklamotte hat allen anderen Oberteilen etwas voraus. Nein, natürlich macht sie nicht unsichtbar. Sie lässt mich auch nicht fliegen oder automatisch aussehen wie ein Supermodel. Stattdessen ist der Pulli magnetisch. Das Modell ist nur noch nicht ausgereift. Denn statt im Sofa verlorene Haarnadeln oder andere nützliche Dinge anzuziehen, entfaltet der Pullover seine Wirkung nur bei Soßen, Suppen, Eis oder Pudding. Er ist ein sehr zuverlässiger Fleckenmagnet. Das konnte ich in mehreren Testreihen beweisen.
Der Ablauf des Tests ist immer gleich, nur die Schwierigkeitsstufen ändern sich. Im einfachsten Fall kommt der Pulli morgens frischgewaschen und sauber aus dem Schrank an den Oberkörper. Diese strahlende Reinheit hält bis etwa 13 Uhr. Dann prangt auf dem hellblauen Strickmuster mindestens ein andersfarbiger Spritzer. In der nächsthöheren Schwierigkeitsstufe muss der Fleckenmagnet an einem Servietten-Lätzchen, das ich mir während des Mittagessens umhänge, vorbei wirken. Und was soll ich sagen? Es klappt. Jedes Mal.
Diese Zuverlässigkeit kann kein anderes Oberteil aus meinem Schrank vorweisen. Niemals landen auf ihnen genauso oft und gezielt Flecken wie auf eben jenem Pullover. Und der Magnetismus ist auch besonders beständig. Waschen, Trocknen und Bügeln entfernen zwar die Flecken, aber schwächen nicht die Anziehungskraft. Käme ich endlich dahinter, wie der Fleckenmagnet funktioniert, ich würde ihn mir patentieren lassen. Reich würde ich damit wohl eher nicht.
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