Der verkaufsoffene Sonntag in Gefahr
An Marktsonntagen dürfen ortsansässige Geschäfte öffnen. Verdi geht aber strikter denn je dagegen vor
Donauwörth Vier Marktsonntage im Jahr sind das übliche Maß für Kommunen, zu besonderen Anlässen Verkaufsstände im Freien zu genehmigen. In Donauwörth beginnen diese mit dem Ostereiermarkt (heuer am 11. März), gefolgt von Maimarkt (12./13. Mai) und Ökomarkt (2. September), und enden mit dem Herbstmarkt (13./14. Oktober). Eingebettet ist das bunte Treiben im Freien jeweils in einen verkaufsoffenen Sonntag, an dem die örtlichen Geschäfte per Ausnahmeregelung ebenfalls öffnen dürfen. So wird das seit Jahrzehnten praktiziert – und das nicht nur in Donauwörth, sondern überall, auch im Ries.
Nun aber sollen die Grenzen in der Großen Kreisstadt enger gezogen werden, wenn es nach der Gewerkschaft Verdi geht. Sie lehnt in einem Schreiben an die Stadt Donauwörth vom 8. November eine Ausweitung der Arbeitszeiten an Sonntagen ab und will die verkaufsoffenen Sonntage dort verbieten lassen.
Die Arbeitnehmervertretung für den Fachbereich Handel kämpft seit Jahren darum, dass in Kommunen an Marktsonntagen neben den fahrenden Händlern nicht selbstverständlich auch die ortsansässigen Geschäftsleute verkaufen dürfen. Sie geht dabei auch den juristischen Weg und klagt.
Im vergangenen Jahr hat es die „Allianz für den freien Sonntag“– bestehend aus Verdi und Katholischer Arbeitnehmerbewegung (KAB) – per Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs beispielsweise geschafft, für das Turamichele-Fest und den Europatag in Augsburg die verkaufsoffenen Sonntage in der Innenstadt verbieten zu lassen. Bundesweit erlitten auch andere Städte wie etwa Düsseldorf, Münster/Westfalen, Heilbronn, Köln, Wuppertal und andere Niederlagen vor Gericht und mussten ihre Läden an Markttagen geschlossen lassen.
Die „Allianz für den freien Sonntag“macht geltend, dass „der Sonntag eine besondere gesellschaftliche, soziale und kulturelle Stellung einnimmt“. Wie Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck von Verdi Augsburg gegenüber unserer Zeitung erklärt, sind laut Paragraf 14 des Grundgesetzes „Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe zur Regel zu erheben und Ausnahmen nur bei einem dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Grund zuzulassen“.
Damit Geschäfte sonntags öffnen dürfen, muss es laut Verdi eine räumliche Nähe zu einer unabhängigen Veranstaltung geben, die für diesen Tag „prägend“ist, also zu einem Fest oder Markt. Diese Feste und Märkte sollen sich selber tragen und für sich mehr Besucher anziehen als die verkaufsoffenen Sonntage. Zudem darf die Verkaufsfläche der Geschäfte nicht größer sein als die Fläche des Festes oder Marktes.
Für Christiane Kickum, Leiterin der City-Initiative Donauwörth, die die Märkte im Sinne ihrer Mitglieder organisiert, ist das eine Situation, die den Bemühungen der CID ganz und gar zuwider läuft. Sie versucht schon seit Jahren, über dem Landesverband „Aktionskreis Cityund Stadtmarketing Bayern“, eher eine Lockerung des Ladenschlussgesetzes zu erreichen, denn eine Einschränkung hinnehmen zu wollen.
„In anderen Bundesländern ist das viel großzügiger geregelt“, weiß sie. „Dort sind mitunter bis zu elf verkaufoffene Sonntage pro Jahr festgesetzt oder die Sonntage sind sogar völlig für den Verkauf frei gegeben.“Ein solches Übermaß will die CID-Geschäftsführerin gar nicht einfordern. „Allerdings wollen wir wenigstens den Bestand erhalten und von verlässlich vier Sonntagen im Jahr ausgehen dürfen, die wir dann eventuell auch ein wenig moderner auslegen dürfen“, sagt Christiane Kickum.
Der Antrag der CID, die vier Marktsonntage im gewohnten Ausmaß veranstalten zu dürfen, liegt seit Oktober bei der Stadt Donauwörth. Nachdem Kirche und Gewerkschaft ihre – ablehnenden – Stellungnahmen dazu abgegeben haben, liegt es nun am Stadtrat, darüber zu befinden. Sollte es wie all die Jahre zuvor eine Genehmigung für die CID geben, ist davon auszugehen, dass Verdi dagegen juristisch vorgehen wird. „Wir können nicht beurteilen, wogegen die Gewerkschaft klagen könnte“, so Christiane Kickum. „Wenn man sich die Urteile in den Fällen der anderen Städte durchliest, kann man manche Argumente nachvollziehen, andere aber
Grenzen sollen enger gezogen werden
Der Ton ist schärfer geworden
wiederum nicht. Wir verstehen, dass Verdi seine Arbeitnehmer schützen will. Aber kein Arbeitgeber zwingt seine Mitarbeiter, am Sonntag zu arbeiten. In der Regel melden sich viele dafür freiwillig, weil es Sonntagszuschläge gibt.“
Die Einsprüche, die Verdi erhebt sind an und für sich nichts Ungewöhnliches. Es gibt sie Jahr um Jahr wieder, wenn es um verkaufsoffene Sonntage geht. Aber diesmal ist der Ton schärfer geworden, wie es Kickum empfindet. „Jetzt ist die Situation akut und unberechenbar.“