„Dieser Mann liest nichts und hört nicht zu“
Ein Enthüllungsbuch über Donald Trump schildert einen Präsidenten, der sich wenig für Inhalte interessiert und der von Neurosen geplagt wird. Der 71-Jährige versuchte, die Veröffentlichung zu stoppen. Damit erreichte er das Gegenteil
Washington Noch vor einer Woche war Donald Trump zufrieden mit sich und der Welt. Der US-Präsident hatte seine ersten Monate im Amt mit einer großen Steuerreform gekrönt, das Verfassungsgericht hatte seinen Muslim-Bann bestätigt, und das von ihm gehasste Regime im Iran geriet durch Straßenproteste unter Druck. Doch dann kam Michael Wolff. Dessen Buch „Fire and Fury“(Feuer und Zorn), das am Freitag in die Läden kam und vielerorts sofort ausverkauft war, stürzt die Trump-Regierung in eine neue Krise.
Trump versuchte ebenso verzweifelt wie vergebens, das Buch verbieten zu lassen. Doch er be- wirkte damit das Gegenteil: Das Werk wurde zum Bestseller. Buchhandlungen wurden gestürmt, beim Online-Riesen Amazon ist „Fire and Fury“ebenfalls vergriffen.
Das Buch zeichnet das Bild eines egozentrischen Präsidenten und einer chaotischen Regierung und enthält zudem schwere Vorwürfe von Ex-Berater Stephen Bannon gegen Trumps Familie. Das Weiße Haus weist Wolffs Darstellungen des Regierungsalltags zurück. Der Sender CNN kommentierte, der 71-jährige Ex-Immobilienunternehmer reagiere deshalb so gereizt auf das Buch, weil Wolffs Beschreibung am sorgsam gepflegten Macher-Image des Präsidenten kratze.
So schildert Wolff, Trump habe als neuer US-Präsident dem Reinigungspersonal erklärt: „Wenn mein Hemd auf dem Boden liegt, dann liegt es da, weil ich es will.“Aufheben streng verboten. Auch die Präsidenten-Zahnbürste dürfe niemand anrühren. Manchmal verabschiede sich der Präsident abends um halb sieben mit einem Cheeseburger ins Bett.
Trump sei von seinem Erfolg bei der Präsidentenwahl 2016 überrascht worden, schreibt Wolff. Der Immobilienmogul habe sich damals darauf eingerichtet, nach einer Niederlage gegen Hillary Clinton auf der Basis der neu gewonnenen Prominenz eine eigene Fernsehstation aufzubauen. Der schwerreiche Kandidat habe laut Wolff so wenig Vertrauen in den eigenen Wahlkampf gehabt, dass er kein eigenes Geld für die Kampagne ausgab. Trumps Frau Melania habe geweint, als sich am Wahlabend der überraschende Sieg ihres Mannes abzeichnete – und zwar nicht aus Freude.
Wolffs Buch zufolge brachte Trump seine Neurosen mit ins Weiße Haus. So befürchte der Präsident, man wolle versuchen, ihn zu vergiften. Das ist angeblich einer der Gründe, warum Trump gerne in McDonald’s-Schnellrestaurants isst: Schließlich wisse dort niemand so genau, welcher Kunde welchen Hamburger erhalten werde.
Der Autor verstärkt zudem mit neuen Anekdoten den inzwischen weitverbreiteten Eindruck, dass Trump keine große Lust auf die Regierungsarbeit hat. Einer seiner engen Berater wollte ihm demnach in einer Art Einführungskurs die amerikanische Verfassung erläutern – doch Trump verlor schon bald das Interesse.
Für seine Mitarbeiter sei der Staatschef „wie ein Kind“, dem es nur um sich selbst gehe. „Dieser Mann liest nichts und hört nicht zu.“Obwohl in amerikanischen Medien kritisiert wird, Wolff seien bei seiner Beschreibung der Zustände im Weißen Haus einige Fehler unterlaufen, herrscht weitgehend Konsens darüber, dass der Autor die Verhältnisse in der Regierungszentrale im Großen und Ganzen korrekt dargestellt hat.
Schon vor „Fire and Fury“hatte es bei Trump-Kritikern erhebliche Zweifel an der Eignung des Geschäftsmannes für das Präsidentenamt gegeben. Mehrere Medien meldeten, eine Gruppe von Parlamentariern habe Anfang Dezember eine Psychologin der Universität Yale zu Trumps Geistesverfassung befragt. Die Expertin sagte demnach, der Präsident sei „instabil“.