Frag nach bei Google
Gegen die großen Datensammler können sich Nutzer kaum wehren. Sie haben aber zumindest ein Recht darauf, zu erfahren, was wo über sie gespeichert ist. Wie das funktioniert
Datenschutz ist in der digitalen Welt unübersichtlicher geworden. Aber es ist auch etwas einfacher geworden, die gespeicherten Informationen abzurufen. Das gilt gegenüber sozialen Netzwerken und anderen Unternehmen, aber auch gegenüber Auskunfteien.
Insbesondere deren Daten sollte man regelmäßig abfragen. Denn die Auskunfteien tragen mit ihren Informationen maßgeblich dazu bei, ob ein Kunde etwa einen Handyvertrag oder ein Auto auf Pump bekommt.
Neben Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, aktuellen und früheren Wohnorten sammeln Auskunfteien Daten über Mahn- und Inkassoverfahren, Insolvenzen, Kontoeröffnungen, Verträge sowie Kredite, gibt etwa die Wirtschaftsauskunftei Schufa auf ihrer Homepage an. Daten zu Kreditverträgen müssten drei Jahre nach Erledigung gelöscht werden, ebenso Einträge in Schuldnerverzeichnisse.
Es geht aber auch schneller: „Die Unternehmen dürfen personenbezogene Daten noch drei Jahre speichern, wenn Betroffene nicht explizit um Löschung bitten“, erklärt die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. Andere Informationen wie etwa über Girokonten oder Mobilfunkverträge müssten umgehend bei Vertragsende gelöscht werden. An diese Regelung seien auch andere Auskunfteien wie Arvato Infoscore, Bürgel, Creditreform oder Deltavista gebunden.
Aber: Es kann immer zu Namens-Verwechslungen und Missverständnissen kommen. Auch deshalb haben Verbraucher laut Bundesdatenschutzgesetz das Recht, zu wissen, was Unternehmen über sie gespeichert haben und woher diese Informationen stammen. Wichtig: Die grundlegenden Informationen gemäß Paragraf 34 Bundesdatenschutzgesetz müssen kostenlos geliefert werden. Kostenpflichtige Auskünfte seien nicht nötig, sagt David Oberbeck, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Datenschutz.
Bei den Auskunfteien wie bei allen anderen Unternehmen könne die Auskunftsanfrage formlos erfolgen, am besten schriftlich, per Fax oder E-Mail, mit Bezug auf Paragraf 34 Bundesdatenschutzgesetz. Die oft geforderte Ausweiskopie sei zwar grundsätzlich nicht nötig, sagt Oberbeck, erleichtere aber die Legitimation. Wer sie abgibt, sollte alle Daten bis auf Namen, Anschrift und Geburtsdatum schwärzen.
Zu der Frage, wie lange es dauern darf, bis die Auskunft vorliegt, macht das Gesetz keine Vorgaben. Allgemein gilt eine Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen als angemessen. Kommen die Unternehmen ihrer Auskunftspflicht nicht oder nur unzureichend nach, oder gibt es Streit um vermeintlich falsche Daten, sind die Landesdatenschützer am jeweiligen Firmensitz zuständig. Bis zu 300 000 Euro Bußgeld drohen laut Voßhoff bei Verstößen gegen die Auskunftspflicht.
Auch die etwaige Information, dass nichts gespeichert ist, schließt das Auskunftsrecht mit ein. Sollten Daten bei Unternehmen gespeichert sein, mit denen jemand nicht in Verbindung gebracht werden möchte, kann er die Löschung verlangen. Mehr noch: „Nach der derzeitigen Rechtslage ist eine gesonderte Bitte um Löschung nicht notwendig“, erklärt Andrea Voßhoff. Die Unternehmen müssten personenbezogene Daten löschen, sobald etwa der Kauf abgeschlossen sei.
Ausnahmen gebe es nur, „wenn die Daten zur Abrechnung oder für steuerliche Zwecke noch benötigt werden“, weiß Christine Steffen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Anbieter nehmen das Auskunftsverlangen der Verbraucher nicht immer ernst“, kritisiert sie aber. Dann könne Druck helfen, etwa von einem Rechtsanwalt.
Im Mai 2018 tritt die Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union in Kraft. Das „Recht auf Vergessen werden“hält damit Einzug ins EU-Datenschutzrecht. Es besagt, dass Daten gelöscht werden müssen, wenn jemand die Einwilligung zur Datenverarbeitung widerruft. In Gerichtsverfahren wurde das bestätigt: „Google etwa muss die Einträge lö- schen, wenn ich nicht will, das etwas über mich angezeigt wird“, erklärt Anwalt Oberbeck: „Eine Suchmaschine kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass sie nur die Informationen von anderen anzeigt, sondern Google selbst muss auf Betreiben des Betroffenen löschen oder korrigieren.“
Die Nutzer können allerdings nicht verhindern, dass Daten erhoben werden: „Etwa bei Google oder Facebook handelt es sich um kostenfreie und freiwillige Modelle“, sagt Anke Voßhoff. Sie fügt mit Blick auf Facebook an: „Ein Recht auf Löschung besteht erst, wenn der Dienst nicht mehr genutzt wird.“
Der US-Konzern erklärt auf seiner Website, die Daten dienten dazu, ein genaues Bild vom Nutzer und seinen Interessen zu erhalten – für zielgerichtete Werbung. Geht es um strafrechtliche Ermittlungen, gibt Facebook die Informationen an die Ermittler weiter. Laut Facebook betraf das im zweiten Halbjahr 2016 mehr als 5400 Nutzerkonten.
Gerade die Masse an gesammelten Daten durch Unternehmen berge Risiken, fürchtet Anwalt Oberbeck. Ein Szenario mit Daten, die die beliebten Fitness-Armbänder liefern: „Jetzt gewährt eine Krankenkasse vielleicht einen Rabatt für besonders sportliche Kunden. Aber was, wenn sich das umdreht und Bewegungsmuffel durch Zuschläge bestraft werden?“
Ähnlich sieht es Datenschützerin Voßhoff. Den wenigsten dürfte bewusst sein, was alles gespeichert und wie es verknüpft wird. So entstehe ein detailliertes Bild von den Interessen, Bewegungsmustern und Vorlieben: „Man muss sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es keine harmlosen Daten mehr gibt.“Ihr Tipp: „Datensparsam leben, anonym surfen und auf manchen vermeintlichen Komfort im Netz verzichten.“
Sven-Hendrik Hahn, dpa
Ab Mai gibt es offiziell ein „Recht auf Vergessen“