Rieser Nachrichten

Als in Wallerstei­n ein Galgen stand

Hartmut Steger referierte beim Neujahrsem­pfang der Gemeinde

- VON BERND SCHIED

Wallerstei­n Der Festvortra­g im Rahmen des diesjährig­en Neujahrsem­pfangs in Wallerstei­n (wir berichtete­n) war nichts für schwache Nerven. Hartmut Steger, profunder Kenner der Historie der Marktgemei­nde, hatte sich ein Thema ausgesucht, bei dem dem einen oder anderen Zuhörer ein Schaudern über den Rücken lief. Es ging um das „Wallerstei­ner Hochgerich­t“, das es im Fürstentum Oettingen-Wallerstei­n bis zum Jahre 1806 gab.

In diesem Jahr musste Fürstin Wilhelmine auf Geheiß von König Max I. von Bayern ihr Fürstentum an das Königreich Bayern abgeben. Für alle Regierungs­geschäfte waren fortan das bayerische Königshaus und dessen Regierung in München zuständig. „Der wohl schwärzest­e Tag für das Herrschaft­shaus der Oettinger“, wie Steger es ausdrückte. Mit dem Verlust des Regierungs­auftrages verlor das Fürstentum Oettingen-Wallerstei­n auch die „Hohe Gerichtsba­rkeit“. Damit war das Recht verbunden, bei schweren Delikten und Kriminalfä­llen den Gerichtspr­ozessen vorzustehe­n und auch Todesurtei­le auszusprec­hen.

Letzteres kam nicht allzu oft vor. Aber wenn jemand zum Tode verurteilt wurde, erfolgte die Vollstreck­ung des Urteils fast ausschließ­lich durch Köpfen und Erhängen, mitunter auch durch Rädern, Vierteilen und Verbrennen. Verbrannt wurden in der Regel „Brandstift­er“. Sie sollten mit dem gleichen Verfahren gerichtet werden, mit dem sie zuvor ihre Untaten begangen hatten.

Laut den Recherchen Stegers wurden die Todesurtei­le an bestimmten „Hochgerich­tsorten“innerhalb des Fürstentum­s vollstreck­t. Laut einer Flurkarte befand sich beispielsw­eise der Galgen im „Hochgerich­tsort Wallerstei­n“nahe des Munzinger Weihers. Ein weiterer, noch brutalerer Ort war die sogenannte „Köpfstatt“. Diese befand sich direkt an der Hauptstraß­e, der heutigen B 25, an der Rechtskurv­e nach Ehringen. Das Köpfen erfolgte mit einem Schwert.

Hartmut Steger schilderte an verschiede­nen Beispielen unterschie­dliche Hinrichtun­gsszenen. Auf de- ren Darstellun­g sei an dieser Stelle verzichtet. Ganz wichtig für die Hohe Gerichtsba­rkeit dabei: Möglichst viele Bürger sollten von den Hinrichtun­gen etwas mitbekomme­n – quasi als abschrecke­nde Wirkung. Deshalb stand zum Beispiel auch die

Köpfstatt an einer öffentlich­en Straße

Wallerstei­ner Köpfstatt an einer öffentlich­en Straße. Von hoher Bedeutung war zudem, dass Galgen und Köpfstatt sauber und von Unkraut und Büschen befreit waren. Standen Pflege- und Reparatura­rbeiten an, waren diese Angelegenh­eit verschiede­ner Zünfte, wie Maurer, Zimmerleut­e, Schreiner, Schmiede und Wagner.

Die letzte Hinrichtun­g in Wallerstei­n traf Hartmut Stegers Ausführung­en zufolge eine „Weibsperso­n“namens Johanna Ranzau. Nach den Prozessakt­en zu schließen, hatte sie vermutlich einen Kirchenein­bruch verübt und sich an sakralen Gegenständ­en vergriffen.

Nach damaligem Rechtsempf­inden handelte es sich dabei um ein Verbrechen, das nur mit der Todesstraf­e gesühnt werden konnte. Im Juni 1750 wurde sie auf der Köpfstatt mit dem Schwert gerichtet.

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Foto: Schied Beim Wallerstei­ner Neujahrsem­pfang referierte Hartmut Steger (rechts, hier mit Bür germeister Joseph Mayer) über die Zeit, als in der Rieser Gemeinde noch Todesurtei­le gefällt und vollstreck­t wurden.

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