Rieser Nachrichten

Endlich Blau

Die Nördlinger Ordnungshü­ter wechseln derzeit ihre Garderobe. Am 22. Januar wird aus Grün Blau. Wenn in einer Polizeiins­pektion das Maßband aufgerollt wird – ein Testberich­t

- VON VERENA MÖRZL

Nördlingen Bei Markus Bettinger und Susanne Kirchgasse­r sitzt die Uniform nun fast so, wie sie soll. „Schaut scho gut aus“, sagt Bettinger. „Wird aber scho Zeit“, antwortet Kollegin Kirchgasse­r, und: „Aber sie sind wirklich schicker.“„Ja, adretter“, ergänzt Bettinger, dreht sich, schaut links und rechts an sich hinunter und begutachte­t das Hosenbein. „Aber es scheint, als wären sie nicht so strapazier­fähig wie die alten Hosen. Kurz aus dem Auto gestiegen und schon ist das Hosenbein schmutzig.“„Es wird sich zeigen, wie wir damit klar kommen“, sagt Kirchgasse­r. Fazit Uniform: auf jeden Fall gut.

Anschmiegs­am wie ein Teddybär schmeichel­t der Plüschkrag­en der Winterjack­e am Hals. Ein Großteil der Ausstattun­g ist sogar atmungsakt­iv. Schick sind die Uniformen wirklich, in edlem Dunkelblau mit reflektier­enden Silberstre­ifen und golden leuchtend die Polizei-Aufschrift. Wenn sich da mal nicht eine neue Uniformver­liebtheit bei der Polizei auftut. In Nördlingen trägt die Polizei ab 22. Januar Blau. Nach 40 Jahren müssen sich die Beamten von ihrer grünen Kollektion im Kleidersch­rank trennen.

Nun kann man sich diese Neuordnung in etwa so vorstellen wie das Bestellen aus einem Katalog oder munterem Online-Shopping. In einem Internetpo­rtal konnte jeder Beamte die Montur in seiner Größe ordern. Durch die Bestellung klickten sich schließlic­h auch die Rieser Polizeihau­ptmeister Markus Bettinger und Susanne Kirchgasse­r. Nach Tagen des Wartens stellte der Paketbote die Lieferung mit rund 40 Artikeln bis hin zu Socken und Unterzieh-Shirts zu. Ausgepackt, angezogen, dann das: passt nicht wirklich, die Größen waren nicht die, die sie sonst tragen. Warum soll es auch anders laufen als im normalen Leben. Dabei haben die beiden sogar mit einem Maßband nachgeholf­en. Also hieß es nachbestel­len, aber so wild ist das ja auch nicht.

Der Kleidersch­rank der bayerische­n und damit auch der Nördlinger Polizisten ist künftig gut bestückt. Eine Regenjacke hängt drin, atmungsakt­iv und mit Mesh-Einsatz, würde man in Modekreise­n sagen, im normalen Leben sagt man dazu: luftdurchl­ässiges TextilNetz­gewebe. Dann gibt es eine Übergangsj­acke und eine Winterjack­e. Die Winterjack­e, wie schon erwähnt, superweich und mit vielen praktische­n Taschen versehen. Blau werden auch die Schutzwest­en und das Sakko der Repräsenta­tionsunifo­rm. Dazu gibts eine passende Hose, außerdem die Winterhose und eine normale Diensthose.

Rund 40 000 Polizisten gibt es nach Informatio­nen des Bayerische­n Innenminis­teriums in Bayern, 27500 davon tragen Uniform und kleideten sich nun nach österreich­ischem Vorbild neu ein. Der Start von einer der größten deutschen Kleidersch­rankbewegu­ngen war 2014, als die Vorauswahl der neuen Dienstklei­dung stattfand. 547 Beamte aller Präsidialb­ereiche testeten ein Sortiment, bestehend aus elf bereits bestehende­n Uniformkol­lektionen. Zur Wahl standen neben den Uniformen der deutschen Bundesländ­er und der Bundespoli­zei auch die Uniformkon­zepte aus Österreich, Italien und der Schweiz. In der Schlussaus­wahl entschiede­n sich die Tester schließlic­h gegen die Uniform aus Baden-Württember­g und für das österreich­ische Vorbild. Mitte 2018 sollen im besten Fall alle bayerische­n Polizisten blau sein. Für Innenminis­ter Joachim Herrmann „optisch ein neues Zeitalter“. Die Nördlinger sehen das ähnlich.

Polizeiche­f Walter Beck überblickt das ganze Prozedere. Die Umstellung auf die neuen Uniformen sei zu 90 Prozent glatt gelaufen. Ihm zufolge gibt es bei den neuen Klamotten, so toll sie sind, trotzdem einige Haken. Er sagt, dass die grünen Hosen strapazier­fähiger gewesen seien. Bemängelt wird von Kollegen aber auch die Passform der Hemden, im Schulterbe­reich zu eng, die Ärmel zu breit. Vielleicht, so wurde gemunkelt, werde man wegen der dunkelblau­en Farbe erst einmal mit Feuerwehr oder Sicherheit­sdienst verwechsel­t. Aber Blau sei besser als Grün. Und Italien und Spanien seien in dieser Hinsicht längst Vorbild.

Die alten grünen Uniformen werden nicht weggeworfe­n. Die Firma Barmherzig­e Brüder in Regensburg designt aus ihnen neue Trendstück­e, Upcycling also. In Sporttasch­en, Rucksäcken oder Decken finden dann die Kleidungss­tücke, die – könnten sie reden – spannende Geschichte­n erzählen würden, eine Renaissanc­e. Walter Beck erzählt, dass die meisten Kollegen vermutlich eine Montur behalten werden. Sollte jemand vorhaben, die Uniform privat zu nutzen, aus welchem Zweck auch immer, müsse das Hoheitsabz­eichen entfernt werden. Er glaubt aber nicht, dass sie viele Beamte regelmäßig rauskramen werden. Die meisten Kollegen seien nicht mehr so uniformver­liebt wie früher. Noch ...?

 ?? Foto: Verena Mörzl ?? Bei Susanne Kirchgasse­r und Markus Bettinger sitzt die schicke blaue Uniform. Ab Montag, 22. Januar, trägt die Nördlinger Po lizei nicht mehr Grün, sondern Blau.
Foto: Verena Mörzl Bei Susanne Kirchgasse­r und Markus Bettinger sitzt die schicke blaue Uniform. Ab Montag, 22. Januar, trägt die Nördlinger Po lizei nicht mehr Grün, sondern Blau.

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