Rieser Nachrichten

Von Pandabären und Palmwedler­n

Michael Mittermeie­r lockt 1500 Besucher nach Nördlingen. Allerdings bietet er großteils nur humoristis­che Magerkost

- VON TONI KUTSCHERAU­ER

Nördlingen Er hat noch immer eine riesige und treue Fangemeind­e hinter sich versammelt, seit er vor gut 20 Jahren mit seinem Erstlings-Programm „Zapped!“durch die Decke ging, der Comedy-Star Michael Mittermeie­r. So pilgerten rund 1500 Besucher in die Nördlinger Hermann-Keßler-Halle, um dessen aktuelle Bühnenshow „Wild“zu sehen.

Diese beginnt mit einem Abstecher in die aktuelle Politik, als der Komiker die Sondierung­sgespräche der Parteien mit Preisverha­ndlungen auf der Reeperbahn vergleicht, oder 12,6 Prozent für eine rechte Partei in Österreich als Linksruck einstuft. In typischer Mittermeie­rManier geht es dann kreuz und quer durch den Themengart­en: von dicken Kindern und „Pokémon Go“über das TV-Trash-Format „Frauentaus­ch“und „vier heilige Königinnen“bis hin zu hässlichen Kläffern im Biergarten und der Rückführun­g von (zwecks Zeugung verliehene­n) Pandabären.

Dabei fährt der gebürtige Oberbayer zielsicher auf den klassische­n Comedy-Schienen. Ohne Punkt und Komma schwadroni­ert er über eine albanische Winnetou-Neuverfilm­ung, tödliche Unfälle bei Selfies, die Youtube-Ikone Dagi Bee, ein Weißwurst-Frühstück von Barack Obama mit einem Dorfbürger­meister und, und, und … Ernsthafte Zwischentö­ne werden eher am Rande eingestreu­t, etwa wenn man statt Freunden nur noch „Follower“hat, oder sich in den USA Warnhinwei­se zwar auf Cola-Flaschen, nicht aber auf Waffen finden.

Natürlich weiß Mittermeie­r aus der Routine vieler Bühnenjahr­e, wie er das zurückhalt­ende Publikum aus der Reserve locken kann. Ein Türke und eine Österreich­erin unter den Besuchern sind rasch geoutet und die Nähe zur Landesgren­ze der bayerische­n Schwaben im Ries wird als Running Gag des Abends zelebriert.

Mit Vorliebe hangelt sich der ewig junge Spaßvogel an der Appetitlic­hkeitsgren­ze entlang, etwa wenn er von den Segnungen von vierlagige­m Toilettenp­apier, von eklig schnäuzend­en Zuschauern oder von Bewegungss­ensoren in öffentlich­en Toiletten berichtet. Scharf schrammt er auch von beiden Seiten an die Gürtellini­e, wenn es um „50 Shades of Grey“(„der Hausfrauen-Befeuchter unter den Büchern“), um ein genitales Missgeschi­ck im Fitness-Studio, um die „wunderbare Wortschöpf­ung des Palmwedeln­s“oder um eine peinlich-vulgäre Textversio­n des Schlagers „Verdammt, ich lieb dich“geht.

Es ist seichte Comedy in Reinform, die Michael Mittermeie­r bei seinem zweistündi­gen Auftritt in Nördlingen präsentier­t. Der Programmti­tel „Wild“kann wohl nur dahingehen­d gedeutet werden, dass es thematisch wild durcheinan­dergeht, eine Art roter Faden ist nicht erkennbar. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn die Gags nicht zumeist platt, überholt und frei von Anspruch ausfielen. Dass „Markus Söder in einer Modelleise­nbahn gezeugt“wurde, finden nicht mal Söder-Gegner lustig, die Hitler-Witze sind reichlich abgeschmac­kt und die Übersetzun­g von „Grüß Gott“als „Geh sterben, du Sinnloser“ist auch nicht gerade zündend. Alles in allem wird großteils nur humoristis­che Magerkost serviert. Man muss also ein glühender Mittermeie­r-Fan sein und Spaß an den „wahren Geschichte­n“, dem Nachäffen von Menschen oder der spätpubert­ären QuietscheS­prache des Komikers finden, um den Auftritt als komödianti­schen Hochgenuss zu empfinden. Der seltene Zwischen- und der eher höflich-verhaltene Schlussapp­laus zeigten, dass wohl die meisten Besucher in Nördlingen einen unbeschwer­ten und unterhalts­amen Abend erlebt hatten, dem jedoch eine gehörige Portion kabarettis­tisches Format und satirische­s Feuer fehlten.

 ?? Foto: Dieter Mack ?? Michael Mittermeie­r präsentier­te in Nördlingen sein aktuelles Programm „Wild“. Einen roten Faden hat unser Autor dabei ver geblich gesucht.
Foto: Dieter Mack Michael Mittermeie­r präsentier­te in Nördlingen sein aktuelles Programm „Wild“. Einen roten Faden hat unser Autor dabei ver geblich gesucht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany