Rieser Nachrichten

Wie (möglicherw­eise) die Katze auf den Kirchturm kam

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Auf einem Hof im Rieser Lande, wohnte ein Bauer, hoch auf des Kraters Rande.

Mit ihm fünf Kühe, Hühner und drei Sauen und ein Kätzchen weiß – rot – braun. Sie lebten glücklich, lebten froh, gesund und munter ebenso.

Eines Tages saß das Kätzchen bei der Eiche, seinem liebsten Plätz chen.

Da sprang aus dem Maisfeld neben der Straße, ein langohrige­s Kerlchen namens Hase.

Herr Hase erzählte von einer Welt, ganz spannend und bunt, gleich hinter dem Feld.

Das Kätzchen hörte begeistert zu, wollte noch mehr wissen, gab kei ne Ruh.

Am nächsten Tag sprach es zum Bau ern: „Ich will hinaus in die Welt, auch wenn es mir hier gut gefällt.“Es packte seine sieben Sachen und sagte „Adieu“, lief Richtung Maisfeld, durch Wiesen und Klee.

Viele Jahre lang reiste es von da an umher, traf Tiere und Menschen, sah Berge und Meer.

Doch auf einmal verblasste das Glück, es vermisste die Heimat, es wollte zu rück.

Und so lief es heimwärts, dem Ries entgegen, durch Wälder und Schluchten, durch Hagel und Regen.

Nach vielen Wochen, die Sonne kit zelte im Gesicht, erstrahlte vor ihm der Ipf in hellem Licht.

Das Kätzchen freute sich, lachte und sang, lief dem Ipf entgegen, jetzt war´s nicht mehr lang.

In Nördlingen am Rathaus zwischen Menschen und Verkehr, rastete es und blickte umher.

Ich bin hungrig, bin müde, bin durs tig, doch froh, aber wo soll ich wohnen? Herr, sag mir wo?

„So, G´sell, so“hallte es vis a vis, vom Kirchturm herunter, so deutlich wie nie.

Das Kätzchen blickte auf und lächelte dabei:

„Da oben ist sicher noch ein Plätz chen für mich frei.“

Sogleich stieg es aufwärts, wo die

Turmspitze thront, bis unters Dach, wo der Turmwächte­r wohnt.

Dieser sprach freundlich: „Komm Kätzchen, komm herein.

Du schaust so stolz, Dein Name soll Wendelstei­n sein.“

Und plötzlich rief er ganz verrückt: „Drei Farben hat Dein Fell, das bringt Glück.“

Wendelstei­n lebt seit diesen Tagen auf dem Daniel oben, um Tauben zu verjagen.

Abends blickt Wendelstei­n zufrieden ins Ries hinein und ist froh wieder zu Haus zu sein.

Ein Gedicht von Jochen Österlein

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