Abschied von einem Rebellen
Rolf Zacher ist mit 76 Jahren gestorben. Er galt als der „beste Kleinganove des deutschen Kinos“. Nach über 70 Drogen-Entzügen lebte er gesünder und mochte Yoga
Berlin Seine Spanne reichte von Fassbinders „Berlin Alexanderplatz“bis zum Dschungelcamp. Rolf Zacher hatte ein bekanntes Gesicht, er war ein Schauspieler, der von den Leuten auf der Straße angequatscht wurde. Dunkle Haare, schwarze Brille, markante Nase. Dazu die rauchig-krächzende Stimme, die er Stars wie Nicolas Cage oder Robert De Niro lieh. Am Samstagmorgen ist Zacher im Alter von 76 Jahren gestorben.
Zacher war eine Type. In Interviews konnte er charmant wie unausstehlich sein. Es machte ihm Spaß, Anekdoten und Sinnsprüche rauszuhauen. Eine Auswahl: „Ich bin ein Seelenfänger“, „Die Liebe beginnt erst, wenn der Egoismus besiegt ist“oder „Ich will beim Dreh immer so gut sein wie ein Seiltänzer, der nur eine Chance hat.“Seine Liste mit Filmen ist seiten- lang. Im Alter, als die guten Fernsehrollen knapp geworden waren, sagte Zacher, er müsse nicht unbedingt arbeiten. Er habe sehr viel Geld in seinem Leben verdient und es wie sein Opa gehalten: „Das Geld muss raus!“Pleite sei er aber nie gewesen.
In einem „Tatort“von 1978 („Der gelbe Unterrock“) spielte Zacher einen Gauner im Drogenmilieu. Eine typische Rolle. Zacher sei „der beste Kleinganove des deutschen Kinos“, schrieb ein Kritiker. Dazu Drogen und Knast im wahren Leben. Das passte zum Rebellenimage. „Überall, wo man ist – man ist immer selbst schuld“, sagte Zacher. Nach über 70 Drogen-Entzügen legte er Wert auf ein bewusstes Leben – und mochte Yoga und Reiki. Nach dem Tod könne er „eine Schwingung im Kosmos“sein, sagte er einmal.
Als Flüchtlingskind im Zweiten Weltkrieg in Berlin geboren, wuchs Zacher in Brandenburg auf. Getreu dem Motto „Lachen ist der Weg zum Leben“hat sich der gelernte Bäcker von den Zeiten, in denen er sich als Barmixer, Sänger, Musiker oder Tänzer durchschlug, in die Welt der Film- und Fernsehstars hochgearbeitet.
Seit Mitte der 60er Jahre spielte Zacher unter Regisseuren wie Ulrich Schamoni („Es“, 1965), Robert van Ackeren („Der letzte Schrei“, 1974; „Die Venusfalle“1988) oder Rainer Werner Fassbinder („Berlin Alexanderplatz“, 1980). Dabei machte er sich vor allem einen Namen als Darsteller von gebrochenen, skurrilen Charakteren und sozialen Randfiguren.
Den Bundesfilmpreis gab es für eine Gaunerrolle in Reinhard Hauffs „Endstation Freiheit“(1980). Vor Klamotten wie „Go Trabi Go 2“schreckte Zacher in seiner Karriere nicht zurück. Zum Spätwerk zählten Oskar Roehlers „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk“und Doris Dörries „Die Friseuse“.
Zacher war vielseitig. Er lebte mal im Wohnmobil, drehte Kinderfilme und war Veganer. Musik war ihm wichtig. Auch bei der Rockband Amon Düül II und im Punkmusical „Gabba Gabba Hey“mischte er mit.
Er sei „friedlich gestorben“, schrieb nun seine Lebensgefährtin Carola Blendermann. Zuletzt lebte er in einem Hamburger Pflegeheim. Er bereue nichts, sagte Zacher einmal – nur, dass er die Kindheit seiner 1972 geborenen Tochter aus einer Ehe mit Gisela Getty nicht miterlebt habe. Kurz vor seinem 75. Geburtstag meinte er: „Ich habe wunderbar gelebt.“