Foles verleiht den Eagles Flügel
Philadelphia bezwingt die New England Patriots um Superstar Brady. Der Sieg ist dem Meisterstück eines Mannes zu verdanken, der seine Karriere fast beendet hatte
Augsburg Rekorde, Hochspannung bis zum Schluss und ein Außenseiter, der überraschend erstmals den höchsten Gipfel erklimmt: Die 52. Auflage des Superbowls hat auf der Gefühlsklaviatur des American Football alle Töne getroffen. In einem unerwartet punktreichen Spiel überflügelten die Außenseiter, die Philadelphia Eagles, die FootballDynastie der New England Patriots um Superstar Tom Brady mit 41:33.
Als wertvollster Spieler wurde mit Eagles-Spielmacher Nick Foles ein Mann ausgezeichnet, der im Sommer wegen Erfolglosigkeit eigentlich seine Karriere beenden wollte. „Wir spielen dieses Spiel, seit wir Kinder waren, und haben von diesem Moment geträumt“, schwärmte Foles, als er nach dem großen Triumph im Konfettiregen innig seine wenige Monate alte Tochter Lily knuddelte. Der geschlagene Altmeister Tom Brady tröstete sich hingegen mit einem langen Kuss von Ehefrau Gisele Bündchen. „Verlieren ist Mist. Du trittst an, du versuchst zu gewinnen, und manchmal verlierst du und so ist es halt“, sagte der enttäuschte 40-Jährige später.
Entscheidender Faktor für den Sieg der Eagles war Cheftrainer Doug Pederson, der ein Lehrbeispiel ablieferte, wie man die erfolgreichste Mannschaft der vergangenen 15 Jahre bezwingen kann. Die Zeichen für Pederson standen nicht allzu gut. Denn in den zwei Wochen Pause zwischen dem letzten Playoff-Spiel und dem großen Finale in Minneapolis hatten die PatriotsStars ihre Blessuren auskuriert: Tom Brady war an der Hand verletzt, seine Lieblings-Anspielstation Rob Gronkowski erholte sich von einer Gehirnerschütterung.
Die Eagles standen dagegen weiterhin nur mit ihrem Ersatz-Spielmacher Foles da, nachdem sich Jungstar Carson Wentz im Dezember einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Doch Pederson schaffte es, das angeknackste Selbstbewusstsein seines Ersatzmanns zu reparieren. 2013 war Foles schon einmal der Hoffnungsträger der Eagles gewesen. Schwankende Leistungen kosteten ihn aber seinen Stammplatz. Er wechselte das Team und spielte noch schlechter. So war Foles nur noch als Aushilfe gefragt und kehrte zurück nach Philadelphia als Mentor für den jungen Carson Wentz. „Ich bin dankbar, dass ich mich entschieden habe, zurückzukommen und zu spielen“, sagte Foles. Nun wird er für immer der Spielmacher sein, der den ersten Superbowl für die Eagles holte.
Im Finale lieferten Trainer und Spielmacher ihre Meisterstücke ab. Die Stärke der Patriots lag in den vergangenen Jahren immer darin, sich perfekt auf ihre Gegner einzustellen. Spätestens in der zweiten Halbzeit hatten Brady und Co. die Kontrahenten im Griff und holten sogar klare Rückstände auf. Diesmal nicht. Pederson hatte auch in der zweiten Hälfte in kritischen Situationen immer ein Ass im Ärmel, überraschte seine Gegenüber mit aggressiver Taktik und kreativen Trickspielzügen.
Foles führte die Pläne seines Trainers perfekt aus: Er warf drei Pässe zum Touchdown und fing sogar selbst einen Pass in der Endzone – das Ergebnis eines der Trickspielzüge Pedersons.
So half es den Patriots nichts, dass Tom Brady wieder einmal eine rekordträchtige Finalleistung hinlegte. 505 Yards überbrückte der 40-Jährige mit seinen Pässen, so viele hatte noch kein Spielmacher geschafft. Noch nie hatte eine Mannschaft im Superbowl 33 Punkte erzielt und doch verloren. Aber ein Ballverlust im letzten Viertel beendete Bradys Traum vom sechsten Titel seiner Karriere. „Die Eagles haben besser gespielt, sie haben den Sieg verdient. Und deshalb sind wir nicht die Champs“, knurrte Brady. An ein Ende seiner Karriere denkt er aber auch im fortgeschrittenen Sportleralter nicht.
Für Philadelphia geht es nun ans Feiern. In den nächsten Wochen müssen sich die Verantwortlichen aber fragen: Was tun mit dem Ersatzmann, der uns den Titel gebracht hat?