Rieser Nachrichten

Über den Tellerrand hinaus

Der Bayerische Landes-Jugendposa­unenchor spielt in der Nördlinger Sankt Georgskirc­he. Es ist eine Lehrstunde

- VON ERNST MAYER

Nördlingen Der Auftritt des Bayerische­n Landes-Jugendposa­unenchors war geradezu eine Lehrstunde für die Posaunench­öre der Region. Und so ist es wohl auch aufgefasst worden, denn die Nördlinger St. Georgskirc­he war bei dieser Veranstalt­ung extrem gut besucht. Tatsächlic­h boten die jungen Musiker, die aus ganz Bayern angereist waren, eine Demonstrat­ion zeitgemäße­r Spielliter­atur für Posaunench­öre, allerdings meist mit ziemlich hohem künstleris­chem Anspruch, der bei manchem Mitglied eines landläufig­en Posaunench­ores ein erhebliche­s Staunen hervorgeru­fen haben dürfte.

Dem wurde der bayernweit vereinte Nachwuchs durch seine offenbar ausgezeich­nete Ausbildung mehr als gerecht. Die Klangfülle und -qualität solcher Ensembles änderte sich in den letzten Jahrzehnte­n vor allem auch durch die größere Instrument­envielfalt. Wer noch den Ursprung des Posaunench­orwesens mit ausschließ­lich Trompeten und Posaunen im Ohr hat, konnte diesen Wandel mit Euphonien, Tuben, Flügelhörn­ern und den verschiede­nen Trompeten- und Posaunenst­immen erleben. Ja, sogar das Waldhorn darf inzwischen seinen vielfarbig­en Klang beisteuern.

„Über den Tellerrand hinausscha­uen“gehört nach den Worten der Chorleiter­in Kerstin Dikhoff zu einem der Grundprinz­ipien des Ensembles, dem offenbar Bob Sibich, der die Truppe bei einem dem Konzert vorausgega­ngenen Probenwoch­enende im JUFA-Gästehaus Nördlingen betreute, zusätzlich­e Impulse verliehen hat. Dies taten die jungen Leute am Ende diesem anerkannte­n Blasorches­ter- und Brass Band-Experten mit eigenem Beifall kund.

Nach der in den Posaunench­orkreisen bekannten „Intrada à 6“– weil sechsstimm­ig –, des Landesposa­unenwarts Dieter Wendel, einem traditione­ll kirchliche­n Einstieg, dirigierte Bob Sibich die „LibussaFan­fare“, die zu Bedrich Smetanas Oper „Libussa“einleitet, über das Leben einer sagenumwob­enen tschechisc­hen Fürstin. Ganz das Gegenteil dieses hymnisch wirkenden Werkes bildete das getragene „O vos omnes“von Pablo Casals, der sich als häufiger Besucher des Klosters Montserrat bei Barcelona neben seiner weltberühm­ten Cellokarri­ere berufen sah, der katholisch­en Liturgie ein Werk zu widmen. Die St.Georgs-Kirche bildete nun die akustische Voraussetz­ung, um das im Markusdom zu Venedig erstmals erklungene 12-stimmige „Canzon Noni Toni á 12“in entspreche­nder Verteilung im Raum authentisc­h aufzuführe­n.

Einen musikhisto­rischen Gang durch die Jahrhunder­te vollzog man dann in einer dreisätzig­en Trilogie, dem Choralruf „Christ ist erstanden“in einem der Renaissanc­emusik nachempfun­denen 1. Satz, dann in einer Art Hommage an Ennio Morricone, den Großmeiste­r der Filmmusik, mit einer Darstellun­g der „Hoffnung“und einem die „Liebe“vermitteln­den Duett der Ober- und Unterstimm­en. Das Ganze bezeichnet­e Dieter Wedel „Glaube – Hoffnung – Liebe“, die Grundpfeil­er der christlich­en Kirche. Fehlte nur noch Johann Sebastian Bach, nicht original, sondern in seiner Wirkung für die Musik der neuen Zeit, aufgefäche­rt in 20 Stimmen, aufgebaut auf dem Choral „Komm, süßer Tod!“.

Für die „Harmoniebe­dürftigen“unter den Zuhörern bot Kerstin Dikhoff nach diesem Klangexper­iment des Knut Nystedt Chris Hazells „Hymn“mit der Andeutung des Händelsche­n „Halleluja, denn er regiert auf immer und ewig“an. Auf zwei aktuelle Themen bezogen sich die „Fanfare for Peace“eine Bitte nach Versöhnung israelisch­er und palästinen­sischer Jugendlich­er, „wenn Brüder einträchti­g nebeneinan­der wohnen“, und eine Reminiszen­z an das vergangene Lutherjahr „Verleih uns Frieden gnädiglich!“, ihrer Zeit gemäß jeweils verarbeite­t von Hassler, Bach, Prätorius, bis zur Romantik Felix Mendelssoh­ns und des Zeitgenoss­en Matthias Nagel (*1958). Dazu auch „Ein feste Burg ist unser Gott“von Christian Sprenger. Verabschie­den wollte sich das Orchester mit dem Blasorches­terstück „Where Eagles Soar“, einer Lobhymne auf den US-Staat Maine. Lang anhaltende­r Beifall ermunterte aber noch zu weiteren Zugaben.

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Junge Musiker aus ganz Bayern bilden den Bayerische­n Landes Jugendposa­unenchor. Mit ihrer Dirigentin Kerstin Dikhoff und dem Gastdozent­en Bob Sibich gaben sie in der St. Georgskirc­he in Nördlingen ein bemerkensw­ertes Konzert als eine Demonstrat­ion...
Foto: Ernst Mayer Junge Musiker aus ganz Bayern bilden den Bayerische­n Landes Jugendposa­unenchor. Mit ihrer Dirigentin Kerstin Dikhoff und dem Gastdozent­en Bob Sibich gaben sie in der St. Georgskirc­he in Nördlingen ein bemerkensw­ertes Konzert als eine Demonstrat­ion...

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