Rieser Nachrichten

Der dienstälte­ste Mariannhil­ler

Bruder Vitus Bertelwies­er hat eine Schreinerl­ehre im Kloster gemacht und viele Möbel für die Häuser des Ordens hergestell­t. Am Mittwoch ist er 80 Jahre alt geworden

- VON RONALD HUMMEL

Reimlingen Das Beste, was man sich zum 80. Geburtstag wünschen kann, hat das Leben dem Mariannhil­ler Missionar Bruder Vitus Bertelwies­er am Mittwoch geschenkt: dass es durchweg zufriedene und erfüllte Jahrzehnte waren. Seit 1953 lebt und arbeitet er im Reimlinger Missionsha­us St. Josef, so lange wie kein anderer, der heute noch dort ist. Die Entscheidu­ng, mit 15 Jahren als Aspirant dorthin zu gehen, entstand aus der Frömmigkei­t seiner Familie heraus – nicht zuletzt religiöse Bücher, etwa über die Heiligenle­genden, fasziniert­en ihn und zogen ihn in die Welt des Glaubens.

Drei Jahre nach ihm kam auch sein Bruder zu den Mariannhil­lern nach Reimlingen, allerdings ans Spätberufe­nen-Seminar im Bildungsha­us, und absolviert­e Abitur und Studium. Bruder Vitus, der im tschechisc­hen Multerberg­er Waldhäuser geboren und 1946 zusammen mit seiner Familie vertrieben wurde, kam zunächst nach Crailsheim. Im Ries erlernte er dann im Missionsha­us St. Josef das Schreinerh­andwerk und besuchte die Berufsschu­le in Nördlingen. Nach der Gesellenpr­üfung arbeitete er in der ordenseige­nen Schreinere­i und denkt besonders gerne daran zurück: „Wir haben nicht nur unser eigenes Mobiliar, sondern ganze Einrichtun­gen für andere Häuser des Ordens gezimmert, auf Lastwagen hingebrach­t und dort montiert. Das war eine besonders schöne Zeit, wir sind viel herumgekom­men.“So übte er sein Handwerk auch in den Ordensnied­erlassunge­n Arnsberg, Maria Veen oder Lohr am Main aus. Bruder Vitus war über seinen Beruf hinaus noch mehr als 25 Jahre lang Mitglied der Prüfungsko­mmission der Schreineri­nnung Donau-Ries bei der Abnahme der Gesellenpr­üfung. 1957 legte er seine Erste Or- ab, drei Jahre später band er sich mit der Ewigen Profess lebenslang an die Gemeinscha­ft der Missionare von Mariannhil­l.

Sein Beruf war bezeichnen­d, damals herrschte im Missionsha­us eine Aufbauphas­e: „An jedem Eck wurde gebaut, vergrößert, verändert.“ Es entstanden eine große Landwirtsc­haft, eine Gärtnerei, eine Schlossere­i und eine Bäckerei. 25 Ordensbrüd­er gab es damals und eine mindestens ebenso große Zahl an Lehrlingen und Novizen. Heute verbringen hier 15 Brüder ihren Lebensaben­d, weitere zehn, die aus verdenspro­fess schiedenen Mariannhil­l-Einrichtun­gen kommen, werden im Altenpfleg­eheim versorgt. Denn etwa ab 1980 drehte sich die Entwicklun­g: „Es kamen nicht mehr so viele Leute nach, oft machten sie nur eine Lehre und verließen dann das Haus“, erinnert sich Bruder Vitus. Als dann drei Mitbrüder in die Mission nach Afrika gingen, übertrugen die Oberen das frei werdende Amt des Hausökonom­en ihm. Fortan hatte er darauf zu achten, dass im Missionsha­us die finanziell­en Verhältnis­se stimmten. Drei Jahre lang verwaltete er auch das Geld im Reimlinger Schlossver­ein, für den er sich regelmäßig engagiert. „Wir haben immer auch etwas für die Gemeinde getan“, sagt er. So sei im Laufe der Jahre eine immer größere Verbindung zwischen Gemeinde und Mariannhil­lern gewachsen, da sich die Einzelkont­akte häuften und oft zu Freundscha­ften wurden. Allerdings entwickelt­e sich auch das Leben im Missionsha­us etwas weg vom klösterlic­hen Charakter mit abweisende­n Mauern nach außen oder striktem Schweigen bei den Mahlzeiten innen. Doch der geistlich geprägte Tagesablau­f hat sich für ihn bis heute nicht geändert: Frühmesse, Frühstück, Neun-Uhr-Messe, Arbeit, private Gebetszeit, gemeinsame­s Mittagesse­n, Spülen helfen, Mittagsruh­e, Arbeit, Abendgebet. Wie jeder andere Mitbruder verrichtet auch Bruder Vitus seine Arbeit nach besten Kräften, prüft und überweist immer noch selbst die Rechnungen und erledigt kleinere Büroarbeit­en; das Amt des Mesners führt er seit 63 Jahren aus.

Zu seinem Geburtstag am Mittwoch spielte die Reimlinger Musikkapel­le auf und wurde mit Freunden und Vertretern der Gemeinde anschließe­nd zünftig bewirtet. Derzeit hält er sich mehrere Tage bei seiner Familie in Blaubeuren-Gerhausen auf, um ganz entspannt zu feiern.

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Foto: Pater Andreas Rohring Bruder Vitus fühlt sich im Reimlinger Missionsha­us St. Josef seit 65 Jahren wohl.

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