Gefahrenzone im Grünen
Zu den größten Abenteuern von Freigängerkatzen gehören Streifzüge durch hohe Wiesen. Eine Vorliebe, die während der Heuernte tragisch enden kann
Fast täglich kommt Nachbarkater Cäsar zu mir in den Garten. Mit besonderer Vorliebe platziert er sich im hohen Gras bei den Sträuchern. Was dann zu beobachten ist, könnte in keinem Lehrbuch über das Jagdverhalten der Katze besser beschrieben sein: ein leises Rascheln, ein Knistern im Gebüsch oder vielleicht ein für uns Menschen kaum hörbares Fiepen, schon ist Cäsar in Killerstimmung, denn akustische Signale wie diese zählen zu den Schlüsselreizen, die das Jagdfieber der Samtpfoten auslösen. Jetzt ist er voll und ganz auf Lauerjagd eingestellt.
Er bezieht genau dort Stellung, wo er das verdächtige Geräusch aufgeschnappt hat. Alle seine Sinne sind für den Angriff geschärft, der Körper angespannt, Augen und Ohren auf das umwitterte Areal gerichtet, die Schwanzspitze zuckt ge- Meist nimmt er eine geduckte Stellung ein.
Cäsars bilderbuchhafter Beutezug findet im Garten statt, aber viele Freigängerkatzen in ländlichen Regionen streifen zur Lauerjagd durch landwirtschaftlich genutzte Wiesen. Wie Cäsar ducken sie sich, wenn sie Position zum Angriff beziehen. Ist zu diesem Zeitpunkt der Bauer mit Traktor und Mähwerk in der Wiese unterwegs, wird der Angreifer selbst schnell zum Opfer: Katzen flüchten aus der Lauerstellung erst im allerletzten Augenblick. Vor einem Traktorreifen kommen sie vielleicht rechtzeitig davon, nicht aber vor den teils weit ausladenden Messern eines Mähwerks. Wird eine Katze erwischt, sind die Verletzungen oft so schlimm, dass viele von ihnen sofort sterben, manche schleppen sich noch mit letzter Kraft heim.
Dann sind wir Tierärzte gefordert. Es klingt so grausam, doch fehlt der Katze nur eine Pfote, hat sie meist noch Glück im Unglück – und realistische Überlebenschanlegentlich. cen. Wenn keine anderen Verletzungen hinzukommen und der Kreislauf stabil genug für eine Operation ist, kann sie auch mit drei Beinen weiterleben. Viele Stubentiger schaffen es aber nicht. Appell an Katzenbesitzer: Wenn im Streifgebiet des Lieblings die Mäharbeiten starten, ist es sicherer, dem Vierbeiner einige Tage strikten Hausarrest zu erteilen. Gewiss keine leichte Sache, die auch nicht ohne heftigen Protest über die Bühne gehen wird, aber in der Abwägung zwischen dem Terror in der Wohnung und den so oft tödlichen Verletzungen bleiben Samtpfoten besser im Haus.