Tonies erobern Kinderzimmer
Zwei Väter haben einen Hörwürfel für Kinder entwickelt und schreiben damit eine sagenhafte Erfolgsgeschichte
Hätte die CD im Kinder-CD-Player seiner Tochter nicht vor rund fünf Jahren gesponnen, wäre Patric Faßbender vielleicht immer noch Kreativdirektor einer Werbeagentur und Marcus Stahl Manager in einem Elektronik-Unternehmen. Auf jeden Fall würden in tausenden Kinderzimmern keine bunten Lautsprecherboxen stehen, mit denen sogar die ganz Kleinen selbstständig Musik und Hörspiele anhören können, ohne dabei auf Endgeräte oder Speichermedien der Eltern angewiesen zu sein.
Weil sie die zerkratzten CDs ihrer Kinder leid waren und es keine Alternativen gab, kündigten die Väter ihre Jobs und tüftelten an einer Alternative. Heraus kam die Toniebox, jenes digitale Audiosystem, das in den vergangenen knapp zwei Jahren rund 260000 Kinderzimmer erobert hat und auf das es zurzeit wieder viele Eltern abgesehen haben. Faßbender und Stahl waren von ihrer Erfindung überzeugt, auf einen derartig großen Erfolg aber nicht eingestellt gewesen. Seit Weihnachten hatte es immer wieder Lieferengpässe für das 80-Euro-Gerät gegeben. Inzwischen sind die Produktionskapazitäten angepasst, nun gibt es wieder Tonieboxen zu kaufen.
Konkret funktionieren die so: In der Toniebox sind Tracks abgespeichert, die über WLAN aus der Toniecloud in die Box gelangen. Durch das Aufsetzen einer gechipten Kunststoff-Spielfigur, einem Tonie, bekommt die Box das Signal, die entsprechenden Tracks abzuspielen. Klopfen auf die linke Würfelseite bedeutet: ein Track weiter. Klopfen auf die rechte: ein Track zurück. Laut und leise können die Kinder einstellen, indem sie auf ein großes oder kleines Ohr an der Toniebox klicken. Keine Lust mehr auf Töne: Tonie von der Box entfernen.
Mit ihrer „knopflosen“Erfindung haben die beiden Väter eine Marktlücke geschlossen. „Das Feedback ist überwältigend“, sagt Faßbender. Mehr als zwei Millionen Tonies wurden seit Herbst 2016 verkauft, einer kostet um die 15 Euro, das Gerät selbst 80 Euro. Inzwischen gibt es nicht nur die bekanntesten Hörspiele als Tonies, sondern auch individuell bespielbare Figuren. Aus acht Mitarbeitern der Boxine GmbH wurden 50. Umsatz 2017: 17 Millionen Euro.
Übrigens: Autor Paul Maar ist Tonie-Fan. Zum ersten Mal überhaupt habe er genehmigt, das Sams als Spielfigur zu produzieren, sodass ein Tonie daraus werden konnte, sagt Faßbender. Die Tonie-Familie wächst weiter. Bis Ende 2018 soll es über 150 der Hörfiguren geben.