Ein Feuerwerk an Akkorden
Klaus Wladar ist Gitarrensolist und Dozent am Leopold-Mozart-Zentrum. Sein Konzert fand an einem besonderen, abgeschiedenen Ort statt
Utzmemmingen Etwa 20 Meter hoch über den Gebäuden der Ausflugsgaststätte „Alte Bürg“, ziemlich versteckt im Wald, erreicht der Konzertbesucher die Burgkapelle, in der ein Konzert stattfinden soll. Wenige Einheimische wissen offensichtlich, dass an diesem Ort, als Rest einer ehemaligen Burg, ein dem Hl. Hippolyt geweihtes kleines Kirchlein steht, im Besitz der Wohltätigkeitsstiftungen der Nördlingen, wie Stadtheimatpfleger Dr. Sponsel den Besuchern erklärt. Die zwängen sich in die engen Kirchenbänke und auf zusätzliche Stühle, um den ehemals hunderte Jahre im Stadtarchiv verschollenen Altar des Heiligen in Ritterrüstung zu bestaunen – wohl der einzige, den es nicht in den kalten Mauern fröstelt. Und doch ist die Stille in der einsamen Klause der rechte Rahmen für ein intimes Gitarrenkonzert mit dem Augsburger Gitarrendozenten und -solisten Klaus Wladar.
Joaquin Turinas, selbst kein Gitarrenspieler, aber ein Komponist, der als spanischer Patriot einen nationalen Zugang zur Musik suchte und sich dem Flamenco zuwandte, schrieb für den lange Zeit berühmtesten spanischen Gitarristen An- drés Segovia Stücke, mit denen er den einzigartigen nationalen Stil verkörperte wie kein Zweiter. Rasgueados, Arpegios, Tremolos sind Stilmittel dieser Musik, die Klaus Wladar in den drei Sätzen der „Sonata op. 1“anschaulich vorführte. Rasselnde Akkorde und schwebende Flageolett-Töne faszinierten die Zuhörer wie die harfenähnlichen „arpegios“, eine äußerst lebendige, in den langsamen Teilen stimmungsvolle Musik – mit großer Empathie gespielt.
Als klassisches Gegenstück könnte man die „Rossiniana No.1“bezeichnen. Hier konnte man die enorme Breite von Wladars Repertoire erahnen. Mauro Giuliani aus Apulien hatte den klassisch italienischen Hintergrund. Die Motive für die Komposition bezog er aus Giacomo Puccinis Opern, deren Arien er spielerisch verarbeitete und die Orchestermusik in bewundernswerter Weise auf dieses Instrument allein übertrug. Klaus Wladar brillierte mit einem Feuerwerk an schwierigen Akkorden mit eingestreuten Flasheolett-Tönen, bei denen Saiten mit den Griff-Fingern zwischendurch nur berührt werden dürfen. Die rhythmischen Qualitäten seines Gitarrenspiels kamen noch in einem ganz anderen Metier zur Geltung. Die „Baden Jazz Suite“von Jiri Jirmat war gedacht als Hommage für den berühmten brasilianischen Gitarristen Baden Powell, der den Bossa Nova und Samba in die Gitarrenmusik brachte. Hier hatte Wladar die Gelegenheit, einschmeichelnde Melodien mit faszinierendem Rhythmus zu verbinden.
Der von Isaac Albéniz in seinen Klavierkompositionen entwickelte spanische Nationalstil veranlasste viele Gitarristen, seine Stücke für sich zu transkribieren. So wurde „Asturias“weltberühmt als typisch spanische Flamenco- und Zigeunermusik Andalusiens, ein Pflichtstück für alle, die sich spanischer Gitarrenmusik widmen. Mit „Drei katalanischen Liedern“verweilte der Solist in dieser außergewöhnlichen Musiklandschaft und erzählte mit den Stücken des Gitarrenvirtuosen Miquel Llobet Geschichten von menschlichen Schicksalen, aufregend, melancholisch, fein und zart. Zu diesen Facetten des Gitarrenspiels fügte Wladar noch „Tango en Skai“von Roland Dyens hinzu, nicht so recht als originaler Tango anerkannt, weil zu europäisch empfunden, aber schwungvoll und tänzerisch, und darum reichlich beklatscht. Die Überraschung war die erste Zugabe: die raffinierte Musik zu einem Box-Computerspiel von Kotaro Oshio, ein Leckerbissen die zweite: „Mercy, mercy, mercy“von Joe Zawinul, dann das argentinische „Candombe“und als Schlusspunkt „Triumphal“, echter „Tango Nuovo“Astor Piazollas, solo auf der Gitarre. Ein eindrucksvolles Konzerterlebnis in der Abgeschiedenheit der stillen Waldklause.