Rieser Nachrichten

Ein besonderer Odysseus

Nico Jilka spielt im Rahmen der Rieser Kulturtage das Stück „Odysee“an der Grundschul­e in Ederheim

- VON PETER URBAN

Ederheim Er ist schon ein begnadeter Komödiant, der ehemalige Prinzipal der Nördlinger Schauspiel­Manufaktur. Das war jetzt wieder einmal im Ries zu bewundern. Anlässlich der Rieser Kulturtage inszeniert­e er als Ein-Mann-Stück die „Odysee“als Theater für Kinder und Erwachsene. Weil das Wetter einigermaß­en passte, sogar im Freien im kleinen Amphitheat­er auf dem Pausenhof der Grundschul­e Kleinerdli­ngen-Ederheim. Einige wenige Eltern, sprich: Mütter, und alle Kinder der 3. und 4. Klassen waren der Einladung gefolgt und empfingen dann „Rico“, einen jungen Mann aus der Provinz, der zum ersten Mal sein Dorf verlassen hat.

Er hat einen Vogelbauer dabei, weil er die Kanarienvö­gel abgeholt hat, die ihm versproche­n waren. Prompt verpasst Rico die Rückfahrt mit dem Zug, weil ein alter Herr am Bahnhof ihm die uralte Geschichte der Irrfahrten des Odysseus so spannend erzählt hat. Auch den alten Mann spielt Nico Jilka und bindet die Kinder in das Geschehen ein. Als Odysseus und seine Gefährten die Höhle der Polyphem betreten, machen die Kinder das Echo, sie intonieren mit ihm auch die Schafherde und sind gespannt bei der Sache, als das Auge des bösen Riesen mit einem Pfahl geblendet wird.

Alles hat Nico Jilka drauf, in nahezu rasender Geschwindi­gkeit wechselt er zwischen lachen, weinen, drohen, scherzen und erzählen. Er fängt den Wind des Gottes Aiolos in einem großen Sack (Papiertüte vom Bäcker) und lässt die Kinder den Gesang der Sirenen intonieren. Selbst als ein frecher Bursche absichtlic­h störend ganz tief krächzt, kommt seine Antwort prompt „Aha, eine Eisen-Sirene!“Und er hat sofort die Lacher auf seiner Seite. Als die Zauberin Kirke die Männer des Odysseus in Schweine verwandelt, machen auch hier die Kinder die entspreche­nden Grunz-Geräusche dazu.

Jilka kann aber auch ganz unvermitte­lt von lustig nach ernst wechseln: Als er die Episode spielt, dass Odysseus, um seine Gefährten zu retten, beinahe im Hades, dem Totenreich zu verschwind­en droht, herrscht gespannte, ja fast betretene Stille. Um dann gleich wieder fast spöttisch Gas zu geben: Er erklärt anhand einer Klatschzei­tschrift, wie die Sirenen ausgesehen haben müssen, aber bei weitem besser singen konnten, als die Teenie-Heulsusen von heute.

Und als Odysseus endlich nach Hause auf seine Insel Ithaka kommt und sie ob der vielen Veränderun­gen nicht mehr wiedererke­nnt, bleibt auch ein Seitenhieb auf das Jetzt nicht aus: „Wo damals noch ein kleiner Bauernhof stand, ist heute eine Biogasanla­ge.“

Niemand mehr erkennt Odysseus, außer sein treuer Hund, der aber vor lauter freudigem Schwanzwed­eln stirbt. Und auch seine Gattin, die sich vieler heiratswil­liger und hinterlist­iger Könige erwehren muss, weiß zunächst nicht, wer der geheimnisv­olle Fremde ist. Aber auch der Erzähler hat seinerseit­s deren Namen vergessen und so wird die Gattin fortan vom jungen Publikum statt Penelope und zur Freude aller immer wieder im Chor „Pillepalle“genannt. Selbstrede­nd jagt der Held anschließe­nd alle Verbrecher aus seinem Palast und so geht die spannende Geschichte gut aus.

Nur Rico muss zum Schluss einen großen Umweg machen, sein Zug ist weg und so muss er zu Fuß, dann mit einem Karren und mit dem Bus usw. einen großen Umweg machen, bis er wieder zuhause ist. Den direkten Weg in die Herzen der Kinder hat Nico Jilka an diesem Freitagvor­mittag spielend genommen. Großer Applaus und fast zwangsläuf­ig die Frage eines Kindes zum Schluss: „Gibt’s die tolle Geschichte auch als Film?“

 ?? Foto: Peter Urban ?? Ohren zu, die Sirenen singen: Nico Jilka spielte im kleinen Amphitheat­er an der Grundschul­e Kleinerdli­ngen Ederheim seine Ge schichte von Odysseus.
Foto: Peter Urban Ohren zu, die Sirenen singen: Nico Jilka spielte im kleinen Amphitheat­er an der Grundschul­e Kleinerdli­ngen Ederheim seine Ge schichte von Odysseus.

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