Wie Lob richtig ankommt
Ein anerkennendes Wort tut gut und fördert die Motivation. Aber wenn Chefs ihre Mitarbeiter zu oft preisen, nehmen die das irgendwann nicht mehr ernst
Augsburg Überall auf der Welt gilt Lob als Zeichen für Anerkennung und Wertschätzung. Wer gelobt wird, fühlt sich bestätigt, das Selbstwertgefühl steigt – und damit auch die Motivation. Denn Wertschätzung ist ein menschliches Grundbedürfnis. Aber: Richtig loben ist nicht leicht und Deutschland kein Hort der Lob- und Anerkennungskultur. „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ist in vielen Unternehmen hierzulande gelebte Praxis: Laut der Umfrage „Gute Arbeit“des Deutschen Gewerkschaftsbundes fühlen sich lediglich 59 Prozent der Arbeitnehmer wertgeschätzt. Und eine Umfrage des Arbeitgeberbewertungsportals Glassdoor zeigt: 80 Prozent der Befragten gehen ihrer Arbeit fleißiger und gewissenhafter nach, wenn sie sich wertgeschätzt fühlen. In einem Betriebsklima, das von Unfreundlichkeit, Missachtung und Geringschätzung geprägt ist, will niemand gerne arbeiten.
In den 1970er Jahren entwickelte der amerikanische Psychologe Abraham Maslow eine nach ihm benannte Bedürfnispyramide, die die menschlichen Grundbedürfnisse darstellt. Neben körperlichen Bedürfnissen wie Nahrung und Schlaf und dem Wunsch nach Sicherheit steht auch der Wunsch nach Wertschätzung darin. Die maslowsche Bedürfnispyramide ist Teil vieler Führungskräfteseminare – deshalb haben sich viele Vorgesetzte den Grundsatz auferlegt, Lob nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Der Hintergedanke: Wer das Grundbedürfnis seiner Mitarbeiter nach Wertschätzung erfüllt, spornt sie zu Höchstleistungen an.
Doch ganz so einfach ist es nicht: Lob ist nämlich kein Allheilmittel – es stumpft schnell ab. „Es könnte ein Gewöhnungseffekt eintreten“, sagt Anne Wieland, Senior Consultant bei der Personalberatung InterSearch Executive Consultants. Wird jedes Verhalten gelobt, kann der Empfänger nicht erkennen, was das Außergewöhnliche ist. „Ein Lob verliert seine motivierende Wirkung“, so die Expertin.
Ein absolutes No-Go in dieser Hinsicht ist offensichtlich taktisch motiviertes Lob. Der Klassiker in dieser Hinsicht sind warme Worte für die Belegschaft, um sie auf Überstunden vorzubereiten. In diese Kategorie fallen auch Belobigungen als Einleitung zur Kritik: Klarer kann man ein Lob nicht entwerten.
Wichtig ist es vielmehr, nur das in angemessener Form zu würdigen, was wirklich lobenswert war. Eine Führungskraft sollte es schaffen, ein Gefühl für das richtige Maß an Lob zu entwickeln. „Sie kennt ihre Mitarbeiter. Positive Rückmeldung, Respekt und Anerkennung für geleistete Arbeit sollte gewährt werden“, betont Wieland. „Wichtig ist es, authentisch zu bleiben.“Denn nur dann fühlt der Gelobte sich ernst genommen. Allerdings sollte auch nicht gelobt werden, was dem Gelobten selbstverständlich erscheint – denn übertriebenes Lob könne schnell unehrlich wirken. „Das könnte dazu führen, dass sich der Mitarbeiter nicht ernst genommen fühlt, was ja das Gegenteil von dem ist, was das Lob eigentlich bewirken sollte“, so die Beraterin.
Ein Lob sollte zudem konkret und zeitnah erfolgen, rät Wieland. „Kein pauschales ‚gut gemacht‘, sondern konkret, was einem gefallen hat.“Und das idealerweise im Anschluss an die geleistete Arbeit. „Am besten im persönlichen Gespräch und unter vier Augen“, so die Expertin. Denn manchen Menschen ist es unangenehm, öffentlich gelobt zu werden. „Auch kann sich derjenige, der nicht gelobt wurde, herabgesetzt fühlen“, sagt Wieland. Und das demotiviert wieder.
Was noch ganz wichtig ist: Das Lob sollte ehrlich gemeint sein. Nur dann wirkt es authentisch. „Wer nur lobt, um vor der Abteilung als vorbildlicher Chef zu gelten, hat den Sinn wahrer Wertschätzung nicht verinnerlicht“, sagt der Neurobiologe und Buchautor Gerald Hüther. Beide Personen müssten sich gut miteinander fühlen, nicht bloß einer. Für die Gelobten sei es gar nicht so schwer, aufrichtige Wertschätzung von purer Taktik zu unterscheiden, erläutert Hüther: „Sie müssen nicht auf das hören, was er oder sie sagt, sondern herausfinden, was wirklich gemeint ist.“
Kommt man zu dem Schluss, dass das Lob ehrlich gemeint ist, sollte man das positive Feedback seines Vorgesetzten natürlich auch annehmen. Und zwar selbstbewusst, so Wieland. Man sollte außerdem seine Freude darüber zeigen, rät die Expertin. „Denn auch für den Lobenden ist es schön, wenn der Gegenüber das Lob nicht als Selbstverständlichkeit sieht.“