Bamf Affäre entzweit die GroKo
CSU wehrt sich gegen SPD-Angriff auf Horst Seehofer. Innenstaatssekretär Mayer kündigt „weitere Konsequenzen“an. Mehrheit der Bürger vertraut dem Innenminister
Berlin Die Asyl-Affäre in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat Streit in der Großen Koalition ausgelöst. Die CSU wehrt sich energisch gegen den Vorwurf der SPD, ihrem Parteichef, Bundesinnenminister Horst Seehofer, fehle es an Aufklärungswillen. Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte gegenüber unserer Zeitung: „Horst Seehofer steht an der Spitze derer, die diese Affäre rückhaltlos und vollständig aufklären wollen.“Mit seinem bisherigen Vorgehen habe er dies „eindrucksvoll unter Beweis gestellt“. Seehofer hatte der skandalumwitterten Bremer Bamf-Filiale bis auf Weiteres untersagt, Asylbescheide auszugeben.
Zuvor hatte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den CSU-Vorsitzenden scharf kritisiert. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse zu erfahren, wie es zu solchen Zuständen kommen konnte, so Klingbeil: „Seehofer hat diese Antworten bisher nicht gegeben.“Innenstaatsse- Mayer wies dies zurück und kündigte weitere Aufklärungsanstrengungen und „mit Sicherheit weitere Konsequenzen“an. Es gehe schließlich darum, „verloren gegangenes Vertrauen in der Bevölkerung wiederherzustellen“.
In der Bremer Bamf-Filiale sollen zwischen 2013 und 2016 Mitarbeiter mindestens 1200 Menschen Asyl gewährt haben, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die ehemalige Leiterin und weitere Personen, darunter Anwälte und Übersetzer. Wie der Bremer Senat mitteilte, ist zur weiteren Aufklärung eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Zentralen Antikorruptionsstelle und des Landeskriminalamts Bremen mit Unterstützung der Bundespolizei geplant.
Jutta Cordt, Chefin der BamfZentrale in Nürnberg, gerät in der Affäre zunehmend unter Druck. Wie jetzt bekannt wurde, liegen ge- gen sie Strafanzeigen vor, die von der Staatsanwaltschaft Bremen geprüft werden. Am Dienstag wollen Innenminister Seehofer und Cordt in einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags Auskunft über den Stand der Erkenntnisse in dem Fall geben.
Die FDP, so ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Stephan Thomae (Kempten) am Freitag gegenüber unserer Zeitung, erwartet von Seehofer in der Sitzung „Aufklärung, wann er wovon Kenntnis erhielt“. Und Jutta Cordt werde auch erklären müssen, warum sie die kommissarische Leiterin Josefa Schmid von Bremen nach Deggendorf versetzt hat. „Ging ihr deren Aufklärungsarbeit etwa zu weit?“, fragte er.
Thomae glaubt ohnehin nicht, dass in der Sondersitzung alle offenen Fragen geklärt werden könnten. „Eine umfassende Aufarbeitung kann nur ein Untersuchungsausschuss leisten“, so Thomae. Dort müssten auch Mitglieder der ehemaligen Bundesregierung erklären, „weshalb diese Probleme vor ihnen verborgen bleiben konnten“. Thokretär mae nennt drei prominente CDUPolitiker: Kanzlerin Merkel, Ex-Innenminister de Maizière und Peter Altmaier, der als ehemaliger Kanzleramtsminister für die Flüchtlingskoordination zuständig war.
Eine Mehrheit der Deutschen sieht die Rolle von Innenminister Horst Seehofer in der Bamf-Affäre eher positiv. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unsere Zeitung sagten knapp 43 Prozent der Befragten, Seehofer trage zur Aufklärung des Skandals bei. Jeder dritte Deutsche sieht das nicht so. So erklärten 33,5 Prozent der Befragten, Seehofer behindere die Aufklärung der Bamf-Affäre eher. Rund jeder vierte Deutsche ist in dieser Frage unentschieden.
Rückhalt erfährt Seehofer vor allem von Anhängern der Unionsparteien. Unter diesen sind fast 70 Prozent der Ansicht, er trage positiv zur Aufklärung bei. Seehofers Rolle als Aufklärer beleuchtet unser Leitarti
kel. Über die aktuelle Situation im kaltgestellten Bremer Bamf berichten wir in der
FDP will auch prominente CDU Politiker befragen
Berlin Das „A“im Parteinamen ist ihr Markenzeichen. Keine andere Partei hat es. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel die Euro-Rettungspolitik, die ab 2010 als Folge der griechischen Staatsschuldenkrise milliardenschwere Rettungspakete notwendig machte, als „alternativlos“erklärte, setzten der Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke und andere Euro-Kritiker dagegen und gründeten 2013 die AfD. Ihr „A“stand damals nicht nur für die Alternative, sondern auch für den Austritt Deutschlands aus dem Euro.
Mittlerweile aber hat das „A“eine völlig neue Bedeutung. Nach einer aktuellen Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, die der neue Stiftungspräsident, der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert, in Berlin vorstellte, steht das „A“nunmehr für Angst. Während die überwiegende Mehrheit der Deutschen optimistisch in die Zukunft blickt, haben die Mit- glieder, Anhänger und Wähler der AfD Angst vor dem, was kommen könnte. „Wenn das so weitergeht, sehe ich schwarz für Deutschland“– diesem Satz stimmen nur 33 Prozent der Bundesbürger zu, aber 83 Prozent der AfD-Anhänger.
Damit hat die rechtsnationale Partei praktisch ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Parteienlandschaft. Denn daneben gibt es nur noch bei den Anhängern der Linkspartei mit 53 Prozent eine Mehrheit, die ähnlich pessimistisch in die Zukunft blickt.
Dagegen sind die Anhänger von CDU und CSU die Optimisten in Person: Nur 14 Prozent sehen für die Zukunft schwarz. Bei der FDP sind es 15 Prozent, bei der SPD 17 Prozent und bei den Grünen 22 Prozent. Umgekehrt sind 85 Prozent der Unionsanhänger und 84 der Liberalen davon überzeugt, dass Deutschland auch die künftigen Herausforderungen bewältigt. Auch 80 Prozent der SPD-Anhänger und 76 Prozent der Grünen stimmen diesem Satz zu – im Gegensatz dazu le- diglich 17 Prozent der AfD-Sympathisanten.
Für den langjährigen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, der bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im vergangenen Herbst zwölf Jahre lang an der Spitze des Parlaments stand, haben diese Zahlen Konsequenzen mit Blick auf den Umgang seiner Partei mit der AfD. Die Vermutung, dass CDU/CSU und AfD eine „ähnliche Kundschaft“hätten, habe sich „relativiert“, die Wählergruppen der beiden Parteien stünden sich „nicht übermäßig“nahe. AfD-Wähler hätten ein deutlich anderes Weltbild als Unionsanhänger. „Man überschätzt in der Regel rationale Abwägungen und unterschätzt Emotionen bei politischen Entscheidungen“, so das Fazit Lammerts.
Die Umfrage, die in drei Wellen stattfand und bei der bis zu 2719 Bundesbürger befragt wurden, belegt, dass die AfD-Anhänger nicht nur Angst vor der Zukunft haben, sondern sich auch ausdrücklich dazu bekennen. Dem Satz „Ich habe häufig Angst vor dem, was kommen wird“stimmen 59 Prozent der AfDAnhänger zu, bei der Linken sind es immerhin noch 43 Prozent. Völlig anders hingegen das Bild bei den anderen Parteien – nur bei 19 Prozent der Anhänger von CDU und CSU, bei 22 Prozent der Liberalen sowie jeweils 34 Prozent der SPD- und Grünen-Anhänger stößt diese Aussage auf Zustimmung.
Um es genau zu wissen, ließ die Konrad-Adenauer-Stiftung die Bürger nach ihren Gefühlen befragen, die sie mit den Parteien verbinden. Das Ergebnis war eindeutig: „Mit der CDU verbinden sowohl die Wahlberechtigten insgesamt als auch die eigenen Anhänger vor allem Stabilität, Sicherheit, Vertrauen, Zuversicht, Zufriedenheit und Hoffnung“, heißt es in der Studie. Ähnliches gelte auch für die SPD, wenngleich die Werte niedriger seien als bei der Union. Dagegen stiegen bei der SPD zwischen Dezember 2017 und Februar 2018 die Werte für Gefühle wie Resignation, Empörung und Verzweiflung.
Bei den Wählern der AfD hingegen dominieren Gefühle wie Aufregung, Empörung und Wut. Zusätzlich löse die AfD bei den Wahlberechtigten insgesamt „Angst, Verzweiflung, Resignation und Unbehagen aus“, heißt es in der Studie. Dagegen werden die FDP, die Grünen und die Linke kaum mit Gefühlen in Verbindung gebracht.
So kommen die Autoren der Untersuchung zu einem wenig überraschenden Schluss: Lediglich die eigenen Anhänger würden mit der AfD „eher positive Emotionen“verbinden, „aber die Gesamtbevölkerung hat ein dezidiert negatives Bild und fühlt sich im Zusammenhang mit der AfD vor allem ängstlich, wütend, unbehaglich und empört. Damit hat die AfD unter allen im Bundestag vertretenen Parteien eindeutig ein Alleinstellungsmerkmal“.
Die Wähler der Linken und der AfD haben einiges gemein