Eine Liebeserklärung an Bayern
Die einen beschimpfen das neue Museum der Bayerischen Geschichte als hässliche Wellblechhütte, die anderen schwärmen von der faszinierenden Architektur. Wer hat recht?
Regensburg Wenn die Sonne durch das mehrfach gefaltete Dach fällt, werfen die Eisenträger, die das Glas in 17 Metern Höhe halten, bayerische Rauten an die weißen, hohen Wände des Foyers. Wenn aber, wie am Samstag, ein Wolkenbruch auf das Glasdach prasselt, nun ja, dann tropft es an zwei, drei Stellen durch. Das neue Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg ist eben doch noch eine Baustelle. Eine der umstrittensten, die es in Bayern derzeit gibt. Am Wochenende ist das Ausstellungshaus für zwei Tage schon mal mit einem Festakt und 800 Ehrengästen geöffnet worden – und auch die Regensburger konnten einen ersten Blick hineinwerfen in das gut 88 Millionen Euro teure Prestigeprojekt am Donauufer.
Eigentlich hätte das neue Geschichtsmuseum, das Ministerpräsident Horst Seehofer 2008 in seiner Regierungserklärung als eine Art Abschiedsgeschenk an Bayern angekündigt hatte, in diesem Jahr eingeweiht werden sollen – passend zum Jubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern. Ein Brand auf der Baustelle im vergangenen Sommer hat den Zeitplan durchkreuzt.
Es wird nun im Mai nächsten Jahres losgehen im Museumsneubau, den auch Augsburg, Ingolstadt, Würzburg und etliche andere bayerische Städte haben wollten. Regensburg bekam schließlich 2011 den Zuschlag. Seither wird das Projekt hitzig diskutiert in der Weltkulturerbe-Stadt, die mit dem Donaumarkt einen perfekten Standort bieten konnte. Das Gelände lag brach, es wurde zuvor für den Wochenmarkt und als Großparkplatz genutzt.
Noch fremdeln viele Regensburger mit der Architektur des neuen Museums. So waren auch am Samstag kritische Stimmen zu hören zu dem Gebäude mit seiner grauen Außenwand aus Porzellanelementen. Hässlich sei es, zu klobig und es sehe aus wie eine billige Wellblechhütte, eine Schallschutzwand, wie ein Stadel. Andere Passanten nennen das „moderne, schlichte, elegante Gebäude“mit seinen 3500 Quadratmetern Ausstellungsfläche und dem Veranstaltungssaal für 1000 Besucher einen willkommenen Bruch zur mittelalterlichen Skyline der Stadt. Vor allem das helle, lichtdurchflutete Foyer, das als Durchgang von der Donau in die Stadt dienen wird, bekam viel Lob. Und auch Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete die Optik des Hauses als spannend, faszinierend und gut gelungen. Aber: „Man muss sich daran gewöhnen“, sagte er.
Doch diese Verbindung von Traditionsbewusstsein und Moderne zeichne Bayern aus. Und genau das stelle auch der Museumskomplex dar, der unmittelbar an die Regensburger Altstadt mit der Steinernen Brücke, dem Dom und den Geschlechtertürmen anschließt. „Man kann ja auch in die Kirche gehen und über künstliche Intelligenz forschen. Man kann Kosmopolit sein und trotzdem jeden Tag Tracht tragen“, sagte Söder. „Dieses Haus wird eine Liebeserklärung an Bayern“, betonte er. Ein Ort, an dem jeder sich wiederfinden könne. Und gerade heute, in diesen unruhigen Zeiten, sei ein innerer Kompass nö- tig. Das Museum sei Ausdruck bayerischer Lebensart. „Wir sagen in Berlin nicht: Bayern first. Oder: Wir sind schlauer, schöner, intelligenter – auch wenn es Anzeichen dafür gibt“, flachst er.
Der Ministerpräsident hatte für das Museum ein Geschenk dabei: Die Uniform von Prinzregent Luitpold, mit der er in diesem Jahr beim Franken-Fasching in Veitshöchheim aufgetreten war. Sie kommt in die Dauerausstellung, in der etwa die Hälfte der 1500 Leihgaben von Bürgern aus Bayern zur Verfügung gestellt werden: Der Heißluftballon zum Beispiel, mit dem eine Familie aus der DDR geflohen ist, die Jacke eines Überlebenden des Konzentrationslagers in Dachau, der Dienstwagen des einstigen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß oder die Armbanduhr König Ludwigs II., die er trug, als er im Starnberger See ertrank. Alles, was typisch bayerisch ist, wird in dem Museum auftauchen: der FC Bayern und die Berge, das Schloss Neuschwanstein und die CSU. Und natürlich viele Klischees, mit denen das neue Museum spielt.
Die Ausstellung im ersten Stock wird künftig die Entwicklung Bayerns zwischen 1800 und der Gegenwart zeigen. Ein gut 20-minütiges Panorama-Video, in dem BR-Moderator Christoph Süß in 39 verschiedene Rollen schlüpft, zeichnet die Jahre davor in amüsanter Weise nach. So können die Besucher insgesamt 2000 Jahre Geschichte erleben, „Schönes und Schwieriges“, wie Museumsdirektor Richard Loibl sagte. Und das Ganze „lustig, bayerisch, hintersinnig“.