Ein historisches Kunstwerk ist zurück an seinem Platz
Experten haben eine Säule restauriert, die in Nördlingen einst am Hummel-Haus stand. Jetzt wurde sie an dem Gebäude am Marktplatz wieder angebracht
Nördlingen Dieser Tage schloss sich ein Kreis für ein mehr als 400 Jahre altes Detail der Baukunst am Nördlinger Marktplatz: Eine Säule aus der Renaissance erlebte im wahrsten Sinn der Wortübersetzung ihre zweite Wiedergeburt, als sie erneut an ihrem originalen Standort eingebaut wurde.
Zuerst aber zurück zum Anfang der Baugeschichte des HummelHauses: 1368 wird es erstmals als städtische „Fleischmetzg und Fleischbank“erwähnt, also das einzige Gebäude, in dem im Stadtgebiet Fleisch der Metzgerinnung verkauft werden durfte. Zur Messzeit werden durch städtische Bauleute vom Gebäude Messbrücken zu den Nachbarhäusern Brothaus (Tanzhaus) und der damaligen Trinkstube gebaut, um die Verkaufsflächen zu erhöhen. Ende des 15. Jahrhunderts bricht eine der Brücken überfüllt von Zuschauern ein, als auf dem Marktplatz ein Kamel als Mess’-Attraktion vorgeführt wird; dabei verlieren etliche Menschen ihr Leben.
Verschiedene Geschäfte finden im Laufe der Zeit in diesem Gebäude ihren Platz. So gibt 1907 der Uhrmacher August Hummel dem Gebäude seinen heutigen Namen. Die Familie baut Ladengeschäft und Haus mehrmals um, bei einer Neugestaltung 1962 entfernt man die Anfang des 17. Jahrhunderts eingefügte Säule und bewahrt sie in einem Lager der St. Georgs-Bauhütte von Michael Scherbaum auf. Beim Umbau des Hummel-Hauses 2014 stößt der zuständige Architekt Stefan Heppner auf das Kleinod und seine Geschichte und regt bei der Erstellung des Fassadenplanes mit dem Denkmalamt deren erneuten Einbau an.
Mit der Instandsetzung der etwas maroden Säule aus Suevit, die vermutlich beim Abbau 1962 in drei Teile zerbrochen war, wird der Steinmetz Ulrich Kling beauftragt. Der wiederum zieht die Steinmetzund Denkmalpflege-Firma Wittner hinzu, um die oberste von mehreren Farbschichten zu konservieren. Kling füllte Risse und ersetzte abgeplatzte Teile des Beschlagwerks mit Restaurationsmörtel.
Diplom-Restauratorin Lea Mertens von der Firma Wittner konservierte dann, was von der obersten Farbschicht noch erhalten war – ob man die gesamte Säule farblich komplett erneuert, soll noch überlegt werden. Ulrich Kling setzte die drei Fragmente der Säule mit speziellen Dübeln zusammen und Anfang der Woche stellten Mitarbeiter beider Steinmetz-Firmen die Säule wieder an ihrem angestammten Platz im Durchgangs-Bogen ganz links am Gebäude auf.
Ulrich Kling hatte dazu einen neuen Sockel aus Frost- und Streusalz-resistentem Auer Kalkstein gehauen, da das Original nicht mehr zu gebrauchen war. Oben schließt die Säule mit einem verzierten Eichenbalken
Im Lager der
St. Georgs Bauhütte
Ein neuer Sockel aus Kalkstein
ans Fachwerk an, der so fest mit dem Stein der Säule verbunden ist, dass man ihn bei der Restauration nicht entfernte. Ein Holzrestaurator soll ihn später noch vor Ort behandeln.
Der Stil, in dem die Säule gearbeitet wurde, ist relativ selten und nur noch vereinzelt an Rathaus und Georgskirche zu finden. Grund: Die Säule entstand unmittelbar vor dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges; danach stand einem nicht mehr der Sinn nach künstlerischer Baugestaltung, und es waren eher Festungsbauten gefragt. So hat das Kunstwerk im Wandel der Zeiten seine Wertschätzung schließlich wieder gefunden.