Gigant unter Großen
Wie das Vijay Iyer Sextet den Augsburger Jazzsommer eröffnete
Augsburg Ein alljährliches kulturelles Highlight der Region hat wieder begonnen und lockt abermals die Konzertbesucher auf die weißen Gartenstühle des Botanischen Gartens in Augsburg, rund um die 360-Grad-Open-Air-Bühne. Zum 26. Mal lädt die Stadt in den idyllischen Rosenpavillon (oder bei schlechtem Wetter in das akustisch reizvolle Gewächshaus), um das mit internationalen Stars der Jazzszene gespickte und von Christian Stock kuratierte Programm zu feiern.
Mit einem fulminanten Einstieg startete das Festival am Mittwoch mit dem New Yorker Pianisten Vijay Iyer und seinem Sextet. Der Musiker mit indischen Wurzeln wurde mehrfach vom Magazin Down Beat als bester Jazzmusiker ausgezeichnet und gilt als Brückenbauer zwischen Tradition, Avantgarde und Pop. Seine Musik könnte man als intellektuellen Jazz bezeichnen, der auch mal recht verkopft und sperrig daherkommt. Iyer versteht es allerdings, diesem komplizierten Genre durch hochenergetische, lange musikalische Bögen voller virtuoser, ja ekstatischer Ausbrüche der einzelnen Musiker Leichtigkeit und Beschwingtheit zu geben und damit das Publikum keine Sekunde ruhen zu lassen.
Beachtlich die klangliche Vielfalt, die die Gruppe darzubieten hatte. Mark Shim am Tenorsaxofon mit nicht enden wollenden glühenden Soli, voller Schmutz und Unverfrorenheit, daneben der stoische Graham Haynes an Trompete und Kornett, der sich mittels elektronischer Effekte mehr den sphärischen Klängen verschrieb. Steve Lehman am Altsaxofon als perfektionistisch und beeindruckend stilsicherer Player, der mit hellem durchschneidendem Klang und astreiner Spieltechnik glänzte, und dahinter Stephan Crump am Kontrabass, der mit Iyers linker Hand verschmolzen zu sein schien. Dazu energisch antreibend Jeremy Dutton am Schlagzeug, der in zwei ausschweifenden Soli sein ganzes Können darbot und das Schlagzeug an die Grenzen der Belastbarkeit brachte.
Vijay Iyers Kompositionen sind hochkomplex, mal angereichert mit seltenen Polyrhythmiken wie 9 gegen 8, oder auf Quintolen basierend, kurz: absolute Königsklasse in Sachen Schematik und rhythmischer Differenziertheit. Die Leichtigkeit, mit der der Pianist dabei an den Tasten über diese sperrigen Strukturen tänzelte, war erstaunlich. Und die Mitmusiker taten es ihm vom ersten Moment an gleich. Ein Gigant am Klavier mit perfekt eingespielter Band – wahrlich ein gelungener Einstieg in den diesjährigen Jazzsommer und schon zu Beginn ein echtes Highlight. Ein Fest also für alle Zuhörer, sowohl die geübten Ohren als auch diejenigen, die einfach nur zum Genießen kamen.
ODas Festi val läuft bis zum 12. August. Informa tionen: www.augsburger jazzsommer.de