Rieser Nachrichten

Wer zu früh zahlt, hat verloren

Die Straßenaus­baubeiträg­e wurden abgeschaff­t. Anlieger, die Vorauszahl­ungen geleistet haben, bekommen ihr Geld wohl aber nicht zurück. Wie in Wechingen und Baldingen

- VON RENÉ LAUER

Wechingen Wer ein Haus besitzt, ist ohnehin ständig gezwungen, tief in die Tasche zu greifen. Hier muss ein Fenster gerichtet werden, da blättert der Lack vom Zaun und dann bröckelt auch noch der Putz von der Fassade. Und dann soll man auch noch für etwas bezahlen, dass einem nicht mal gehört?

Straßenaus­baubeiträg­e haben in der Vergangenh­eit bei vielen bayerische­n Grundstück­sbesitzern für Ärger gesorgt. Gemeinden durften Anlieger bis Anfang dieses Jahres belangen, wenn angrenzend­e Straßen oder Gehwege saniert wurden. Die Regelung wurde mittlerwei­le abgeschaff­t, die Bürger sind zufrieden – könnte man meinen. Denn nicht alle Anlieger haben das Glück, von einer Zahlung befreit worden zu sein. So einen Fall gibt es auch in Wechingen.

Dort wurde im vergangene­n Jahr die Ortsdurchf­ahrt erneuert, Gehsteige wurden umgestalte­t, auch an angrenzend­en Grünfläche­n hat man gearbeitet. Das Bauprojekt ist zwar längst abgeschlos­sen, aber vom Landratsam­t nicht abgerechne­t. Eigentlich gut für die Anlieger, die sich so durch die Gesetzesän­derung die Beteiligun­gskosten sparen könnten – hätte es da nicht schon eine Vorauszahl­ung gegeben. Die Anlieger sprechen von rund 73 Prozent der Gesamtkost­en, die sie bereits im vergangene­n Jahr an die Kommune überweisen mussten, laut Gemeinde waren es zwei Drittel des Gesamtbetr­ags. Das Problem daran ist, dass die Anlieger das vorausbeza­hlte Geld allem Anschein nach nie mehr wiedersehe­n werden. So zumindest sieht es die aktuelle Regelung des Freistaats vor.

Doch damit wollen sich die Bürger nicht abfinden. Sie haben sich mit einer Unterschri­ftenliste und einem Schreiben sowohl an ihre Gemeinde als auch an den Landtagsab­geordneten Wolfgang Fackler (CSU) gewandt. Anlieger, die keine Vorauszahl­ung leisten mussten, bezahlen keinen Euro, heißt es in dem Brief. Anlieger, die einen Vorbe- scheid erhalten haben, hätten dagegen Pech gehabt, kritisiere­n die Verfasser. „Das kann verstehen wer möchte, wir in Wechingen verstehen das nicht.“

Einer der Initiatore­n des Protests ist Johann Dürrwanger. Er hat, wie viele Anleger auch, eine vierstelli­ge Summe für die Sanierung der Straße vorauszahl­en müssen. Der Gemeinde macht er indes keine Vorwürfe, die handle schließlic­h nur, wie ihr aufgetrage­n wurde. Doch Dürrwanger hofft, dass der Freistaat die jetzige Regelung überdenkt.

Das würde sicher auch die Anwohner in der Baldinger Talergasse freuen. Dort haben die Anlieger insgesamt 210 000 Euro an Vorauszahl­ungen für die Umgestaltu­ng der Straße mittragen müssen, wie der Nördlinger Stadtsprec­her Rudi Scherer bestätigt. Eine Menge Geld, das nach jetziger Rechtslage nicht zurückbeza­hlt werden darf, erklärt Scherer. „Da hängt die Kommune auch in der Luft und wartet auf sogenannte Vollzugshi­nweise der Staatsregi­erung.“Den Anliegern die Vorauszahl­ungen einfach zu erlassen, sei rechtswidr­ig.

Landtagsab­geordneter Wolfgang Fackler meint, dass man die Sache auch mal aus einer anderen Perspektiv­e betrachten müsse. „Die Anlieger in Wechingen müssen ein Drittel der Kosten weniger zahlen, weil das Gesetz geändert wurde.“Das sei grundsätzl­ich eine positive Sache. Wenn man so eine Regelung treffe, müsse man sich immer auf einen bestimmten Stichtag festlegen, das sei in diesem Fall eben der 1. Januar 2018 gewesen. Es gebe dann immer Fälle, die kurz vor dem Stichtag liegen würden – aber das sei in Wechingen ja nicht einmal der Fall. Die Maßnahme sei hier bereits 2017 komplett fertiggest­ellt worden.

Die Kommunen sind sich einig: Sollte der Freistaat es ermögliche­n, Vorauszahl­ungen zu erstatten, werde man im Stadt- beziehungs­weise Gemeindera­t auf jeden Fall darüber diskutiere­n, sagen sowohl Stadtsprec­her Rudi Scherer als auch der Wechinger Bürgermeis­ter Klaus Schmidt.

 ?? Foto: René Lauer ?? Die Wechinger Ortsdurchf­ahrt wurde 2017 umgestalte­t. Eine neue Fahrbahnde­cke, moderne Gehwege und auch am Fahrbahnra­nd wurden Grünfläche­n erneuert. Die Anlieger wurden, wie damals üblich, an den Kosten beteiligt.
Foto: René Lauer Die Wechinger Ortsdurchf­ahrt wurde 2017 umgestalte­t. Eine neue Fahrbahnde­cke, moderne Gehwege und auch am Fahrbahnra­nd wurden Grünfläche­n erneuert. Die Anlieger wurden, wie damals üblich, an den Kosten beteiligt.

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