Nitrat im Grundwasser – ein Fall für die Justiz
Die Umwelthilfe will die Bundesregierung für die hohe Belastung zur Rechenschaft ziehen
Berlin Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will vor Gericht einen besseren Schutz des deutschen Grundwassers vor Nitrat aus der Landwirtschaft erstreiten. Die Klage und eine ausführliche Begründung seien beim Oberverwaltungsgericht in Berlin eingereicht, teilte die DUH am Dienstag in Berlin mit. Das im vergangenen Jahr verschärfte Düngerecht reiche nicht aus, um die EUGrenzwerte in absehbarer Zeit einzuhalten, sagte Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Es gebe aber „überhaupt keinen politischen Willen in dieser Bundesregierung, das Düngerecht noch mal anzufassen“.
Zuständig ist das Bundeslandwirtschaftsministerium von Julia Klöckner (CDU), denn Nitrat im Wasser stammt größtenteils von Gülle in der Landwirtschaft. Der Stoff ist wichtig für das Planzenwachstum, Rückstände in Wasser und Boden können Menschen und Natur schaden. Dass Deutschland ein Nitrat-Problem hat, ist unbestritten: Die Bundesregierung selbst hatte in ihrem Bericht dazu 2016 eingeräumt, dass an 28 Prozent der Messstellen in Agrargebieten die EU-Grenzwerte von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasser überschritten werden. 2017 wurde das Düngerecht nach langem Gezerre verschärft. Umweltschützer sind überzeugt, dass es noch zu lasch ist. Wie das neue Recht wirkt, ist offen – der nächste Bericht ist erst 2020 fällig. Der Präsident des Bauernverbands, Joachim Rukwied, rechnet nicht mit einer schnellen Wirkung: Man müsse „fünf bis sieben Jahre abwarten“, dann könne man urteilen.
Erst im Juni hatte der Europäische Gerichtshof Deutschland wegen der zu hohen Nitratwerte verurteilt, dabei ging es dabei um das alte, noch nicht verschärfte Düngerecht. Das Agrarministerium äußerte sich am Dienstag zunächst nicht. Das Umweltministerium schon: Es liefen seit vergangener Woche Gespräche mit Brüssel, inwiefern die neue Düngeverordnung nach dem EUUrteil überarbeitet werden müsse, teilte ein Sprecher mit. Die Wasserwirtschaft fordert ebenfalls ein schärferes Düngerecht. „Auch die neue Dünge-Verordnung gewährt der Landwirtschaft derart viele Ausnahmen und Schlupflöcher, dass ein nachhaltiger Schutz der Böden und Gewässer auch weiterhin nicht möglich ist“, sagte etwa Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Stadtwerke äußerten sich ähnlich. Es spreche einiges dafür, dass die Regelungen etwa für Sperrzeiten und das Düngen ungeeigneter Flächen nicht reichten, sagte ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).
Zwar kann das Leitungswasser bedenkenlos getrunken werden. Wasserversorger warnen aber, dass es immer tiefere Brunnen braucht und die Reinigung oder Verdünnung des Wassers aufwendiger wird, um die Grenzwerte einzuhalten – und das kann letztlich die Wasserpreise nach oben treiben.