Gündogans Rückkehr mit Applaus
Vor drei Monaten wurde er noch ausgepfiffen, nun gab es ermutigende Momente
München Als Ilkay Gündogan nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit zu seiner Einwechslung bereitstand, regte sich etwas im Zuschauerbereich der Münchner Arena. Vereinzelt standen sogar Menschen auf, um die anderen knapp 70 000 zum Applaus zu animieren. Als der 27-Jährige dann für Leon Goretzka das Spielfeld betrat, waren zwar vereinzelte Pfiffe zu hören – der Großteil der Fans aber bedachte den Mittelfeldspieler mit einem Applaus. Gündogan bedankte sich dafür und klatschte ebenfalls.
Zurück zur Normalität – ein Motto, das für die Nationalmannschaft als Ganzes, aber besonders auch für Gündogan selbst galt. Der erste Schritt in diese Richtung klappte gegen Frankreich. Er sagte nach Abpfiff: „Heute kann ich mit einem Lächeln nach Hause fahren. Ich bin nach wie vor stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein.“Auch seine Kollegen freute die Reaktion der Zuschauer. Thomas Müller sagte: „Er hat sich der Situation gestellt und sich dann gut präsentiert.“
Der Erinnerung an das Spiel gegen Saudi-Arabien Anfang Juni war bei Gündogan und seinen Mitspielern noch präsent. Die Partie kurz vor der WM geriet sportlich wie stimmungsmäßig zum Tiefschlag. Nachdem das Foto mit dem türkischen Staatschef Erdogan veröffentlicht wurde, wurde Gündogan bei seiner Einwechslung gnadenlos ausgepfiffen, er wirkte gehemmt. Es war der hässliche Startschuss für eine WM, deren Folgen die Nationalelf noch lange spüren wird.
Am Freitag bedankte sich Gündogan via Twitter bei den Fans. Die Zeilen wären unter normalen Gesichtspunkten unspektakulär gewesen – und waren es doch nicht. „Guter Nations-League-Auftakt gegen den Weltmeister. Danke für eure Unterstützung in München.“ Name „Die Mannschaft“abgeschafft wird – das solle erst noch analysiert werden. Fragt sich, was Bierhoff in den zwei Monaten nach dem WM-Aus getan hatte. Es war eine Aufarbeitung light.
Das Spiel gegen Frankreich war ein Anfang, um die verlorenen Sympathien wiederherzustellen – mehr aber auch nicht. Die Nationalelf scheint auf einem guten Weg zu sein. Thomas Müller sagte nach dem Abpfiff gegen Frankreich, dass es darum gegangen sei, zu zeigen, „dass das Herz noch schlägt“. Und weiter: „Wenn die Leute sehen, dass wir uns zerreißen, ist das der erste Schritt.“Richtig rehabilitieren, das betonte Bundestrainer Löw, könne sich die Nationalmannschaft ohnehin erst wieder in zwei Jahren bei der Europameisterschaft. Bis dahin spielt man auf Bewährung.